© – Gunda von Dehn „Meereszauber“
Keno II. und die Hansa
Die Hansa „reinigt“ die Ostsee von Seeräubern
Auf dem Hansetag in Nykjöbing vom Sept. 1399, beschloss man, an die Heger der Piraten, so an Keno II., Briefe mit der Aufforderung zu schreiben, die Seeräuber aus ihren Landen zu vertreiben. Keno II. kam dem Verlangen der Hanse vorerst nach, zog dann aber doch wieder Piraten an sich.
Auf dem Hansetag zu Lübeck am 2. Februar 1400 wurde über Maßregeln beraten, die man gegen die Seeräuber und ihren Beschützer Keno II. ergreifen wollte. Da erschien Almer, Kenos Kaplan, und erklärte im Namen seines Herrn, dass dieser bereit sei, die Piraten zu entlassen, falls man ihm verzeihe. Das geschah, denn Mitte März sah man in den brook‘schen Landen keine Seeräuber mehr.
Aufnahme fanden die Vertriebenen bei Hisko Abdena von Emden, Kenos Erzfeind, der durch sie seine Macht stärkte. Dadurch geriet Keno II. in eine arge Klemme. Aus seiner durchaus begründeten Furcht vor der Hansa hatte er einen Gegner gestärkt, der jeden Tag in das benachbarte Brookmerland einbrechen konnte. Kein Wunder, dass man den Hamburgern bald meldete, Keno II. sei entschlossen, erneut Seeräuber aufzunehmen.
Keno II. tom Brok schließt mit Albrecht von Holland (Herr von Friesland) einen neuen Lehnvertrag, steht also unter dem Schutz des Herzogs. Insofern darf Keno – als Vasall des Herzogs – nicht ohne Billigung des Herzogs Seeräuber dingen. – Keno zieht erneut Piraten an sich. Das war sicherlich keine leichte, aber eine notwendige Entscheidung.
Hamburg und Lübeck rüsten eilig Schiffe aus, um die Seeräuber auszumerzen und die aufmüpfigen Häuptlinge zu strafen. Die Hansa betrachtet alle Piraten als Friedensbrecher, die sie in Selbstjustiz verfolgen und aburteilen darf. Am 22. April 1400 verlässt die hansische Flotte Hamburg in Richtung Ostfriesland.
5.5.1400: 11 Koggen (950 Mann) greifen die Likedeeler in der Osterems an. 80 Mann der Likedeeler werden sofort getötet, während die übrigen fliehen können. 4 Piratenschiffe entkommen nach Marienhafe/Upgant.
Ist gerade ablaufend Wasser als die Freedekoggen angreifen? Es wird berichtet, dass Piratenschiffe auf Sandbänke auflaufen. Wie das? Die Piraten wussten, wo Untiefen drohten. Dennoch läuft ein Teil auf Sandbänke auf. Absichtlich? Wollten sie die Freedekoggen veranlassen, ihnen zu folgen, um dann bei Ebbe übers Watt anzugreifen? Oder wollten sie die hansischen Freedekoggen so auf Abstand halten, die wegen größeren Tiefgangs früher aufsaßen? – Es ist kaum denkbar, dass die Freedekoggen nicht mit schweren Geschützen bestückt waren. Und waren es keine Arkeleien, dann doch zumindest Katapulte. Allein Wurfsteine und metallene Rammsporne bringen unglaublich viel Gewicht. – Spekulierte man darauf, dass bei einsetzender Flut die Kaperschiffe rascher aufschwimmen und fortsegeln konnten, während die schwer beladenen, behäbigen Freedekoggen später freikommen würden? Den Tiefgang konnten die erfahrenen Piraten leicht abschätzen. Hoffte man, die Freedekoggen würden abdrehen? Die böse Überraschung für die Likedeeler war, dass ein Drittel der hansischen Besatzung aus Armbrustschützen bestand. Da nützte der relativ geringe Abstand nichts mehr. Dadurch waren sie den Likedeelern, die auf Nahkampf spezialisiert waren, enorm überlegen.
Bezeichnend ist, dass die Hansa nicht unterschied zwischen Vitalienbrüdern und Likedeelern. Wie die Hansen mit den „seroveren“ verfuhren, zeigt der Bericht der hansischen Schiffskommandanten:
„Am 22. April segelten wir von Hamburg ab und kamen am 5. Mai in die Westerems. Am selben Tag vernahmen wir, dass Vitalienbrüder in der Osterems waren. Dorthin schickten wir unsere Freunde, und es half uns Gott, als wir einen Teil von ihnen schnell in unsere Gewalt brachten. Achtzig von ihnen wurden getötet und über Bord geworfen. Die anderen flohen ans Land. Dann jagten unsere Freunde 18 Vitalienbrüder bis zu einem Schloss eines Friesen, der hieß Hare in de Grete (Anm.: Haro Edzardsna von Greetsiel, der Sohn von Edzard Circsena und Doda geb. tom Brok, also Kenos Vetter). Mit dem verhandelten wir, bis er sie uns überantwortete. Außerdem übergab uns ein anderer Friese vier Vitalienbrüder, danach fielen uns noch drei in die Hände. Diese 25 wurden am 11. Mai gerichtet. Am 18. Mai wurden neun Vitalienbrüder gerichtet, danach zwei.“
(Anm.: Unter den Enthaupteten war auch Kurt, der illegitime Sohn des Grafen von Oldenburg. Die sog. „Verhandlungen“ bestanden aus Drohungen gröbster Art, von Morddrohungen, Geiselnahmen bis hin zum Abbrennen von Häusern und Plünderungen in der Umgebung, also Überfälle auf die Untertanen der Häuptlinge. Die Hansen behandelten nicht nur die Piraten menschenunwürdig, um es vorsichtig zu formulieren.)
Am 6.5.1400, einen Tag später erst, landen die Hanseschiffe in Emden an, wo die Hanseaten von dem Probst Hisko aufs Freundlichste empfangen werden. Er stellt ihnen Schloss und Stadt zur Verfügung und erklärt sich bereit, jegliche Hilfe, die man von ihm verlangen werde, sofort zu leisten. Durch dieses Entgegenkommen gewinnt er die Schiffshauptleute für sich, so dass diese hier alles in Ordnung glauben. Hisko hatte zwar Piraten an sich gezogen, weswegen Keno II. dies im Gegenzug auch tun musste, diese sind aber aus Emden abgezogen, denn vermutlich war Hisko rechtzeitig gewarnt worden. Zu jener Zeit geht es um seinen Kopf, weil er selbst Piraten aufgenommen hat und es liegt nahe, dass der Bischof von Münster als Hiskos Dienstherr aktiv geworden ist, da Hisko das „Blutgericht“ an die Hansen abgetreten hat. Das konnte er nicht ohne Genehmigung des Bischofs tun.
– Larrelt (nahe Emden) fällt rasch in hansische Hände.
– Enno Haytadisna (So. von Edzard Circsena u. Doda tom Brok = er nennt sich auch Beninga, weil er Gela von Manslagt geheiratet hat, die Erbtochter von Haitet Beninga) muss der Hanse seine Burg Larrelt übereignen. (Das Wappen von Manslagt enthält einen Helmwulst mit einem Band von sogenannten „Maclas“, das sind auf der Spitze stehende Kristalle.)
– Ebenso fällt Faldern (in unmittelbarer Nähe von Emden) rasch in hansische Hände.
Haro von Groß-Faldern (Ehemann von Elbrig tom Brok, Ritter Ockos Schwester) muss die Burg Faldern der Hanse ausliefern. – Larrelt und Faldern werden dem Probst Hisko Abdena von Emden anvertraut! Ein Fehlgriff der Hansischen? Verkennen die Hansischen die politischen Verhältnisse oder ignorieren sie diese? Besteht gar die Vereinbarung: „Ihr tut mir nichts und dürft im Gegenzug das „Blutgericht“ ausüben“? Sehr gut möglich, denn die Kommunikation zwischen den vielen Klöstern funktionierte hervorragend. Der Bischof von Münster, Graf Otto von Hoya, muss informiert gewesen sein über die Invasion der Hansen und wenn nicht durch den Erzbischof von Bremen, Otto II. Herzog von Braunschweig-Lüneburg, dann durch die Klosterbrüder.
– Unterdessen sind die Likedeeler auf der Flucht. Wohin?
Im Osten grenzt Loppersum an das ‚Große Meer‘. Von dort aus (Folkmar Allenas Besitz) kann man nicht mit einem großen Schiff fliehen, denn das Tief verbindet damals Loppersum mit Emden, die Hansen können die Zufahrt nach Emden sperren; Osterhusen ist durch die Nahe mit der Ems verbunden und ebenfalls leicht durch die Hanse zu kontrollieren!
Wenn Störtebeker zu Enno Circsena nach Larrelt geflohen ist, wie es heißt, dann führte sein Weg sicher von dort aus weiter nach Loquard. Die Ems floss hart an Larrelt vorbei. Hätte Störtebeker von Larrelt aus über die Ems fliehen wollen, so wäre dies vermutlich an der Ems-Überwachung der Hansa gescheitert. Die Hansischen werden ebenfalls die großen Einfahrten (Buchten) gesperrt haben.
Das Larrelter Siel aber mündete mit dem Loquarder Maar ins Twixlumer Tief (Maare gibt es von Rysum bis Groothusen und Woquard. Sie laufen bei den Camper Tillen und Doodshörn trichterförmig zusammen und haben von hier aus einen Abfluss durch das sog. Reittief bzw. die „Alte Ehe“ zum Larrelter Siel gehabt). Diese Wasserverbindungen kommen unter Umständen als Fluchtweg für die Likedeeler infrage (zu berücksichtigen sind Tideabhängigkeit, günstiger Wind und Tiefgang der Schiffe und die damalige Dollartausdehnung).
Erst am 14. Juni 1400 gelingt es den Hamburgern, das entlegene Loquard zu erobern und die Burg zu zerstören. Da ist Gödeke Michels mit 200 Mann längst außer Reichweite! Hier bestand also die Möglichkeit, durch das Loquarder Tief zu entkommen! Und zwar mit Schiffen, die weniger als 4 Fuß Tiefgang hatten, sog. Loogschiffen. Maare sind nur 15 Fuß breit und 4 Fuß tief. Bei Niedrigwasser natürlich weniger. Von Loquard aus gab es nur eine Maar zum Twixlumer Tief! Von dort aus konnte man ein größeres Schiff benutzen.
Loquard wird am 14.6.1400 von den Hamburgern (Hanse) zerstört. (Das Dorf liegt in der Tiefschleife und ist an 3 Seiten von Wasser umgeben. Innerhalb der Tiefschleife stand die Burg) Der Häuptling Sibrand, verh. mit Tetta +1426, (Kenos Schwester – Tochter von Foelke und Ritter Ocko tom Brok) hatte dem Gödecke Michels mit 200 Männern die Flucht nach Norwegen ermöglicht! (Anm.: der Name „Gödecke“ taucht Anfang des 16. Jh. auch in der Glockengießerfamilie Klinghe aus Groningen auf)
Vermutlich kann man den Eroberungsweg der Hansen nachvollziehen, nämlich an der Deichlinie entlang, denn dort gab es gut ausgebaute Straßen (zwei Wagen konnten aneinander vorbeifahren), dies hatte seine Ursache im Deichbau und u. a. auch, um bei Sturmflut bzw. Deichbruch rasch reagieren und agieren zu können.
Vier Schiffe sollen nach Marienhafe entkommen sein. Marienhafe/Upgant gehört Keno II., der gerade wieder Likedeeler an sich gezogen hatte, um sich gegen Hisko und seine Verbündeten verteidigen zu können. Keno ist angesichts der hansischen Bedrohung sicher nicht daran gelegen, die geflohenen Likedeeler zu beherbergen. Es ist also opportun, Spuren zu verwischen. Überdies sollen die – womöglich gekaperten – Schiffe nicht als Beweise in die Hände der Hanse fallen.
Es sollen diese 4 Schiffe in Upgant mit Hilfe Folkmar Allenas verbrannt worden sein. In diesem Fall hat Folkmar Allena sich auf einem der Fluchtschiffe befunden. In dieser brisanten Lage bietet sich für Folkmar Allena als einzige Möglichkeit an, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, Schulterschluss mit Keno zu üben. Da Folkmar Allena Likedeeler aufgenommen hat, kann er sich ausrechnen, dass er auf der Henkersliste der Hanse steht, denn die Hanse bedroht jeden friesischen Häuptling, der es wagen sollte, Likedeeler aufzunehmen, mit dem Tode. Die Hansen hatten den Häuptlingen ja schon 1396 empfohlen, die „Vitalier“ aus dem Land zu jagen, Häfen und Burgen zu verschließen, die Anführer zu ergreifen und vom Leben zum Tode zu verholen und bei Zuwiderhandlung gedrohte, ‚mit Gottes Beistand‚ gegen die Missetäter und ihre Heger zu ziehen.
12. – 26. Mai 1400 Strafgericht der Hamburger und Lübecker Schiffshauptleute im Franziskaner-Kloster Faldern (Emden) über die mit den Likedeelern verbündeten Häuptlinge.
Am 12. Mai erscheinen Keno II. und Folkmar Allena dort. Keno II. wird beschuldigt, sein Versprechen nicht gehalten und den Handelsleuten großen Schaden zugefügt zu haben. Keno tom Brok bestreitet diese Anschuldigungen, aber die Städte verlangen, dass er sein Schloss zu Aurich und Folkmar Allena seine Burg zu Osterhusen hergeben soll. Diese Forderungen gestehen die Häuptlinge nicht zu, sondern nehmen sich bis zum 15. Mai Bedenkzeit zur Klärung, denn ohne Einverständnis ihres Lehnsherren, Albrecht Graf von Holland, dürfen sie das nicht.
Am selben 12. Mai werden auch Versuche gemacht, Frieden zwischen Hisko und seiner Partei auf der einen und Keno und Folkmar Allena auf der anderen Seite zu vermitteln. In Selbstüberschätzung glaubt die Hansa, dem Seeräuberwesen damit den Boden entziehen zu können, übersehen dabei aber, dass weitaus stärkere Mächte die politische Lage bestimmen, nämlich der Streit der Vetkoper und Schieringer, der Freiheitskampf der Friesen jenseits der Ems sowie Graf Albrecht von Holland, der ‚Herr von Friesland’, der seine Macht festigen und die Friesen endlich unterwerfen will, dazu noch der Bischof von Utrecht, der seinen Anspruch auf die Drenthe durchsetzen will. Friedensversprechen, selbst mit Brief und Siegel, helfen nicht, die Lage zu entflechten. Keno und Folkmar Allena sind beispielsweise durch ihren Lehnvertrag an Herzog Albrecht von Bayern gebunden, der die Niederwerfung der Stadt Groningen verfolgt und drückend tangiert ist vom Bürgerkrieg der Cods und Hooks, die holl. Parteien der Bürger und Nobiles.
Wieder verlangt man die Übergabe von Aurich und Osterhusen, die Sitze der beiden Häuptlinge. Keno und Folkmar Allena verlangen erneut Frist, die ihnen auch zugestanden wird. Am 15.5.1400 lehnen die Häuptlinge ab!
Wieder Verhandlungen – eine volle Woche. Nun sollte ein Schiedsgericht von 4 Männern, die das alte frs. Recht wohl verstünden, eingesetzt werden. Die strittigen Punkte sollten am 25. Juli 1400 entschieden werden. Wenn den Schiedsrichtern kein Erfolg beschieden wäre und sie noch nicht alles ins Reine gebracht hätten, sollte später den Rat der Stadt Groningen hinzugezogen werden. Das ist grotesk, denn der Groninger Rat ist ja selbst in die Kämpfe involviert und keineswegs neutral.
Das Resultat bedeutet aber, dass die Häuptlinge sich dahingehend durchgesetzt haben, dass die Hanse sich nicht länger über altes friesisches Recht und Gesetz hinwegsetzt. Ein Teil der Piraten wurde ja kurzerhand geköpft, aber an die Häuptlinge als Landesherren wagen die Hansen sich doch nicht so rüde heran. Es besteht Rechtsunsicherheit bzw. sie haben kein Recht, die Häuptlinge und deren Untertanen abzuurteilen. Keno II. selbst untersteht dem Herzog Albrecht, Graf von Holland und mit Keno auch dessen Vasallen (Aftervasallen wie z.B. Folkmar Allena).
Die strittigen Punkte sollen nun am 25. Juli 1400 entschieden werden. Wenn dann das Schiedsgericht noch nicht alles ins Reine gebracht hätte, würde man später den Rat der Stadt Groningen hinzuziehen.
Keno tom Brok wird gezwungen, als Sicherheit die Burg zu Wittmund, Folkmar Allena die Burg Groothusen den Städten zu übergeben. Zumindest konnten Keno und Folkmar Aurich und Osterhusen retten. Osterhusen war ein sehr viel wichtigerer Handelsplatz als Emden in jener Zeit.
Keno tom Brok und Ayelt, der Sohn von Folkmar Allenas Bruder Haro, werden als Geiseln nach Bremen überstellt, während Hisko Abdenas Sohn Ihmel und Gerald Vyardissone (Sohn von Heiko von Faldern und Adda Wiardsna) in gleicher Eigenschaft den Groningern überantwortet werden. Letzteres ist eigentlich ein Affront gegen Keno, weil in Groningen gerade die Schieringer das Zepter in der Hand halten und diese sind verbündet mit Hisko Abdena. Jedoch zeigt die Geiselnahme von Hiskos Sohn, dass man zumindest das Gesicht wahren will. Keno und Folkmar Allena werden gewiss Hiskos Piraten angeprangert haben, aber – dumm ist jener, der keine Beschönigung parat hat. Da die Kämpfe zwischen Vetkoppern und Schieringern mit brutaler Härte geführt werden und viele Menschen flohen, musste Hisko Abdena diesen Schieringern in Emden Asyl bieten. Einige gingen wieder zurück nach Groningen, als die Schieringer dort an die Macht gelangten, andere waren entwurzelt – Haus abgebrannt – alles geplündert – Angehörige ermordet – und blieben in Emden, verdienten den Unterhalt für sich und ihre Familien als Seeräuber.
Keno II. ist ungefähr ab 22.5.1400 Geisel.
Ein weiterer Verhandlungspunkt ist das Anstreben einer Sühne zwischen Groningen und Keno tom Brok. Keno II und Folkmar Allena sind durch ihren Anschluss an Herzog Albrecht, dem sie zur Unterwerfung der Stadt behilflich sein sollen, mit Groningen in Feindschaft geraten. Auch hier sollen Schiedsrichter die Sache entscheiden. Diese Aufgabe ist ohne Auflösung des Lehnvertrages zwischen dem Grafen von Holland und Keno tom Brok bzw. Folkmar Allena nicht zu lösen.
Um sich aus der Geiselhaft zu befreien, benötigt Keno aber die Fürsprache eines mächtigen Herrn. Die raffinierten Schachzüge des Grafen Albrecht von Holland sind hier ein beeindruckendes Beispiel von Staatskunst, die unseren heutigen „Herrschern“ anscheinend total abgeht, schaut auf das Geschehen in der Welt jenseits jeglicher Diplomatie!
Durch die Aktion der HANSE ist Herzog Albrecht die Streitmacht von Keno weggebrochen. Keno kann durch die Ausweisung der Likedeeler seine vertraglichen Aufgaben nicht mehr erfüllen, Albrecht steht aber nach wie vor in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Groningen.
Der Lehnvertrag wird aufgelöst. Aus welchem Grunde? Das Lehnsrecht duldet nicht, dass Keno zu eigenem Nutzen Piraten beschäftigt. Der Herzog müsste Keno strafen, würde ihn aber auch gern als Vasallen behalten. Er will Keno und seine Streitmacht gern weiterhin für seine Zwecke nutzen, denn Keno (und mit ihm Focko Ukena) hat sich als guter Feldherr erwiesen. Würde der ‚Herr von Friesland’, Herzog Albrecht, Rechte an seinem Lehngut verkaufen, verlöre er die Vorteile, die das Lehngut bietet. Wer verzichtet schon freiwillig darauf? Das Lehngut muss selbstverständlich in der Familie des Herzogs verbleiben. Der Graf sucht also einen anderen Lehnsherrn. Es muss geschickt geschehen. Was tun? Die eigenen Söhne sind zu augenfällig und überdies ist sein Sohn Johann der Bischof von Lüttich. – Sohn Wilhelm steht in feindlicher Opposition zum Vater und ist verheiratet mit Margareta von Burgund, welches im Krieg zwischen Frankreich und England zu Frankreich steht (der Krieg sollte 100 Jahre andauern), während Herzog Albrecht zu England tendiert. – Der Sohn Ludwig ist bereits 1375 verstorben, ebenso der Sohn Albrecht, der 1397 einer Turnierverletzung erlag. – Die 4 Töchter von Herzog Albrecht sind alle hervorragend verheiratet nach Österreich, Luxemburg, Burgund, Jülich.
Das Lehngut zurückgeben an König Wenzel von Böhmen, vormals Gemahl seiner Tochter Johanna? Kommt nicht in Betracht. (Johanna war von den Jagdhunden ihres Gemahls tot gebissen worden.)
Margarethas Gemahl Johann (Ohnefurcht) von Burgund, Sohn von Philipp dem Kühnen? Philipp der Kühne wird ohnehin zu mächtig und Philipp als Sohn des frz. Königs Johanns des Guten ist hautnah in den hundertjährigen Krieg von England und Frankreich verwickelt. Holland steht wegen der engl. Vorfahren und Verwandtschaft auf engl. Seite, dem also konträr.
Tochter Johanna Sophie ist verheiratet mit dem Herzog Albrecht IV. von Österreich – fällt aus.
Tochter Katharina (+10. Nov. 1400) bietet sich an. Ideal, denn sie ist verheiratet mit Wilhelm III. (VIII), Markgraf von Jülich und Herzog von Geldern (1363-1402)! Geldern, das 1339 schon einmal von Albrechts Vater (Kaiser Ludwig d. Bayer) mit Ostfriesland belehnt war, ist also engste Verwandtschaft. Somit bleibt das Lehngut in der Familie (Tochter und Schwiegersohn des Grafen Albrecht). Überdies: der Herzog von Geldern steht gegen Frankreich!
Wilhelm von Geldern war in ganz West- und Mitteleuropa ein berühmter Kriegsherr, denn er hatte ganz allein (im Rahmen eines Erbstreits) dem mächtigen französischen Königreich und seinem Heer, das auf 60.000 bis 100.000 Mann geschätzt wird, getrotzt. An dem Hunderjährigen Krieg zwischen Frankreich und England nahm er als Bundesgenosse des englischen Königs teil und folgte damit der Tradition seines Hauses.
Ein neuer Lehnherr für Keno tom Brok ist gefunden! Die Piraten aber sind verloren, denn Keno tom Brok kann keine Likedeeler mehr anheuern, ohne sich die Hansa auf den Hals zu holen.
Anders sieht die Sache aus, wenn Herzog Albrecht selbst Piraten aufnimmt. Während Widzelt sich noch beim Herzog hatte entschuldigen müssen, weil er Piraten aufgenommen hatte, stellt nun Albrecht von Bayern Höchstselbst Kaperbriefe für Likedeeler aus, nach dem Motto „wenn du deine Feinde nicht besiegen kannst, verbünde dich mit Ihnen“. Um seine Streitkräfte rasch aufzufüllen und Hamburg zu schädigen, bieten sich die entlassenen Piraten als Ausweg an.
Am 15. August 1400 erlässt Albrecht von Holland einen Schutzbrief für Johann Störtebeker (Störtebekers Sohn?), der den Schutzbrief wohl für gutes Geld gekauft hat.
Herzog Albrecht ist nun der Hauptheger der Likedeeler. Er steht ohnehin mit den Hansischen, besonders Hamburg, auf Kriegsfuß, denn Albrecht will die Hansestadt Groningen endlich unterwerfen, denn sie gehört zu seinem Lehngut. Schon 1396 unternahmen er und sein Sohn Wilhelm einen Zug gegen Groningen, aber sie errangen keinen nachhaltigen Erfolg. Der Graf von Holland verfolgt seine Pläne jedoch nach wie vor.
Keno wird Lehnsmann des Herzogs Wilhelm von Geldern
(Geldern: Herzogtum am Niederrhein und Ijssel, grenzte an Friesland, Westfalen, Brabant, Holland und die Zuidersee. Es bestand im Wesentlichen aus den drei Niederquartieren Nimwegen, Arnheim und Zutphen und dem Oberquartier Roermond. Die heutige Provinz Gelderland in den Niederlanden deckt einen Großteil des ehemaligen Territoriums ab. Das Herzogtum ist nach der Stadt Geldern benannt, die heute in Deutschland liegt.)
Ein geschicktes Spiel, das es Keno II. ermöglichen soll, den Einfluss der Hanse zu unterlaufen und seine Pläne und die des Herzogs Albrecht dennoch mit Hilfe der Likedeeler zu verwirklichen, die nun unter dem Schutz des mächtigen Herzogs Albrecht von Bayern – Graf von Holland – stehen.
(Anm.: Die gerade aus dem Groninger Stadtrat vertriebenen Vetkopper haben das Ziel, sich dem Herzog von Bayern, Graf Albrecht von Holland, anzuschließen.)
4. September 1400 wird die Lehnurkunde für Keno II. ausgestellt. Herzog Wilhelm von Geldern verpflichtet sich, wenn Keno Eroberungen an der Ostseite der Ems machen würde, insbesondere, wenn ihm Emden in die Hände fiele, so wolle er dort Keno II. oder einen seiner Anhänger als Amtmann einsetzen. – Eine augenfällige Bedrohung für Hisko Abdena.
Daher: Anfang 1401 tätigt Hisko Abdena Kriegsvorbereitungen. So etwas machte man immer im Frühjahr, wenn die Wege abtrockneten und begeh- und befahrbar wurden.
Groningens Stadtrat war nun wieder vetkoperisch gesinnt und mit dieser Partei sympathisieren die tom Brok, während Hisko Abdena und Folkmar Allena sich den Schieringern anschlossen.
Im Febr. 1401 schreiben Hisko Abdena und Folkmar Allena dem Rat der Stadt Bremen und erklären, dass die Mannschaften, die sich in ihrem Gebiete zu Faldern versammeln, nicht die Kaufleute beschädigen sollen, sondern dass man sich gegen Holland und den Bischof Friedrich III. von Blankenheim von Utrecht (Bischof: 1393-09.10.1423) wenden wolle. Folkmar Allena hat also für Hisko Abdena Partei ergriffen. Da steckt Sprengstoff drin, denn immer noch kämpft Folkmar Allena um jene Gebiete der Krummhörn, die ihm einst Ritter Ocko I. tom Brok abgenommen hatte.
Keno II. tom Brok macht sich im Gegenzug ebenfalls kriegsbereit. Geht er davon aus, dass Hisko und seine Bundesgenossen ihn angreifen, wenn sie sich stark genug fühlen. Keno II. ist eingebunden von Seiten Holland und Geldern (Verwandtschaft des Grafen von Holland). Utrecht beansprucht die Drenthe, Holland will Groningen erobern, das auf der Drenthe liegt.
Auch Keno und Enno Haytadisna von Norden – Kenos Bundesgenosse –rechtfertigen ihr Verhalten bzgl. der Piraten dem Bremer Rat gegenüber.
Am 25.5.1401 gelingt es dem Herzog von Geldern auf der Hanseversammlung zu Stade, durch einen Schiedsspruch ein Übereinkommen zwischen der Hansa und Keno herbeizuführen, die Schadensersatz verlangt. Dort erscheinen 2 Abgesandte des Herzogs, die Herren van Gheme und Johann van der Capellen, um einen Vertrag zwischen Keno II. und den Städten zu vereinbaren. Er kommt zustande: Keno II und Ayelt Allena werden endlich freigelassen.
1404 gibt Keno dem Folkmar Allena Canhusen zurück
1407 Keno zerstört Ennenburg der Attena in Norden und die Burg von Haro von Faldern
1407 Sohn Ocko II geboren
1408 Keno II. nimmt zus. mit Fokko Ukena Collinghorst, Potshausen u. Esseburg in Ihrhove ein
1408 Keno II. erobert Osterhusen
1413 gelang es Keno II., Emden zu erobern und Hisko Abdena zu vertreiben. Dieser flüchtete nach Groningen. Durch die Eroberung von Emden wurde in Groningen eine Revolution ausgelöst – mit „Fenstersturz“ – es werden Ratsmitglieder aus dem oberen Stockwerk des Rathauses auf den Marktplatz hinunter geworfen. Das zwang Keno in weitere Kriegshandlungen.
1415 Keno II. belagert Burgen von Rheide, Termünten und Delfszijl, nimmt Groningen ein
1417 Keno II. erringt seinen letzten, entscheidenden Sieg in der Schlacht bei Oxwerderzyl (in der Nähe von Nordhorn)
Der Adler ist das Siegel von Keno II., auf Kenos Münzen sind die Kronen durch Flügelansätze angedeutet. Domicelli = Herr / Junker / Junggraf
„Sigillum Kenonis Domicelli in Broke“
Keno II. trägt 5 Ordenskreuze im Siegel, was auf die 5. Generation hinweist (Konsul Keno, Hilmer Kenisna, Keno Hilmerisna, Ritter Ocko, Keno II.)
Keno II. stirbt 1418, vermutlich an den Folgen einer Kriegsverletzung, die er sich bei Oxwerderzyl zugezogen hat
Kommentar Gunda von Dehn
Dass Widzelt nicht Kenos Halbbruder oder Bruder war, zeigt der Münzfund von Norden. Ob Widzelt bei Detern erschlagen wurde, sei dahingestellt. Möglich ist es, weil er Keno total aus der Erbfolge ausgebootet hatte. In Widzelts Lehnsbrief sind dessen Nachkommen als Erben eingetragen. Damit ist Ritter Ockos Sohn Keno draußen!
Der Lehnsbrief von Keno mit dem Herzog von Geldern ist bekannt. Vorher war Keno Lehnnehmer von Hzg. Albrecht von Bayern, Graf v. Holland, gewesen. Das Lehnverhältnis wurde 1400 vom Grafen aufgekündigt, weil Keno durch die Aufnahme von Likedeelern gegen das Lehnsrecht verstoßen hatte. (Es wird zwar immer gesagt Vitalier wären das gewesen, aber die Historiker machen da keinen Unterschied. Dieser ist aber sehr wohl gegeben gewesen. Die Likedeeler stammten größtenteils aus Holland und waren Freiheitskämpfer, die im Kampf zwischen Vetkopern und Schieringern die Parteien entspr. unterstützt haben, z. B. auch mit Einsätzen gegen Hzg. Albrecht von Bayern.
Da Keno solche Leute aufgenommen hatte, rechtfertigte das die Aufkündigung des Lehens. Keno hat sich beim Grafen dafür entschuldigt. Es liegt urkundl. ein entspr. Entschuldigungsbrief vor.
Der Graf von Holland kündigte also das Lehnverhältnis, gab Friesland als Lehen an Geldern weiter und der Herzog von Geldern stellte Keno dann den Lehnsbrief für dessen Landesteil aus. Keno wurde damit Lehnnehmer von Geldern, dem Schwiegersohn von Herzog Albrecht, der aber erst einmal Friesland als Lehen bekommen hat, um diesen Winkelzug überhaupt durchführen zu können. Damit verlor Herzog Albrecht kaum etwas an Einnahmen.
Die Hansa war zufrieden mit der Lösung. Die hatte nämlich mit Vergeltung gedroht wegen der Piraten.
Keno hat sich nicht abgewandt von Holland, was auch lehn-rechtlich unmöglich gewesen wäre, weil Keno dann alles verloren hätte. Er war ja nach Widzelts Tod endlich zu Amt und Würden gekommen. Dazu gehörte das verbriefte Erblehnrecht!!!
Das Reichsgesetz verlangte ritterliche Geburt, um ein Lehen erhalten zu können. Freilich, indem man ganz gewieft „Widzaldi Kenisna“ zu Ritter Ockos Sohn ‚modifizierte‘, wurde er in der Reichskanzlei als ritterbürtig geführt. Widzelt Kenisna hatte in trauter Gemeinschaftsarbeit mit dem Grafen Albrecht von Holland das Erbe von Ritter Ockos Sohn Keno gestohlen!
Die Hansa strebte die Seeherrschaft auf der Nordsee an.
Die Statuten der Zirkelgesellschaft (der Hansa) besagt: Sie strebten eine Thalassokratie an, eine Seemacht, die maritim-kommerziell ausgerichtet ist, die ihr Handelsmonopol sichert. Die Friesen, die nicht zur Hansa gehörten, waren da ziemlich lästig. Keno wohl auch, da für seinen Beritt bekannterweise starke Handelsbeziehungen nach Italien bestanden und auch zum Ostseeraum.
Aus welchem Grunde hat Herzog Albrecht Widzelt nicht eigenhändig zum Ritter erhoben? Herzog Albrecht besaß das Recht dazu, hatte sogar anno 1382 den Ritterorden vom Heiligen Antonius gestiftet. Dieser Orden vom Heiligen Antonius kümmerte sich in der Grafschaft überwiegend um Menschen, die am Antonius-Feuer litten, ein Spitaler Orden also, dem Krankenfürsorge oblag wie auch Johannitern und einigen anderen Ritterorden.
Für Widzelt wäre jed. auch durch eine Erhebung in den Ritterstand wenig gewonnen. Dadurch wäre er nicht zum „Thronerben“ seines Bruders bzw. Halbbruders Ocko aufgestiegen. Da ja Ockos leiblicher Sohn der potentielle Erbe war, musste Widzelt als Ockos Sohn in Erscheinung treten und als solcher anerkannt werden. Ein raffinierter Winkelzug! Tatsächlich war Widzelt jedoch vermutlich ein Bruder oder Halbbruder von Ritter Ocko, wenn nicht gar ein Cousin oder Neffe aus der weiteren Familie.
Dieser „Winkelzug“ verärgerte nicht nur Focko Ukena, der die Familienverhältnisse sicherlich genau kannte, waren alle „Köpfe“ der Gesellschaft irgendwie miteinander verwandt und verschwägert. Und es verärgerte Focko Ukena vermutlich noch mehr, sich trotz uralten Geburtsadels mit einem Afterlehen begnügen zu müssen, denn für ihn musste ein ritterbürtiger Mann Bürgschaft leisten. Er, Focko Ukena, musste es sich gefallen lassen, nicht als ritterbürtig zu gelten. Ihm wurde ein Widzelt Kenisna vor die Nase gesetzt, der unrechtmäßig zu einem ritterbürtigen Mann mutiert war. Das wurmte Focko und um so mehr war es sein Bestreben, Ritter Ockos Sohn Keno als dessen legitimen Nachfolger ins Amt zu hieven. Dies nicht zuletzt auch, um Ruhe vor den Hansen zu haben, die seine Kreise jenseits der Ems störten, wo Ukena reichen Grundbesitz sein Eigen nannte.
In Sachen ‚Freibeuter‘ hielt die hansische Kaufmannschaft Widzelt nach wie vor für den Hauptschuldigen. Wohl war sie nicht präzise unterrichtet, denn somit bewirkte Widzelts Tod, dass die Hansen auf ein ernsthaftes Durchgreifen gegen die Seeräuber der Nordsee verzichteten, glaubten sie doch, dass zusammen mit Widzelt alle Piraterie-Probleme der Nordsee begraben worden seien. Dem war aber keineswegs so. Widzelts Tod hatte aber die politischen Verhältnisse ins Wanken gebracht, denn es fehlte deshalb die Schutzmacht eines Lehnsherrn. Dies wurde von der Hanse nicht gebührend beachtet.
Im Mittelalter wurde ein Land ohne den Schutz eines Lehnsherrn zum Spielball der Großen und Mächtigen. Das barg die nicht zu unterschätzende Gefahr einer unrechtmäßigen Übernahme in sich, eines Landraubes mit all den schrecklichen Folgen von Krieg und Fehde. Nicht zuletzt um dies im Vorfeld abzuwehren, hielten die Häuptlinge sich nun vermehrt Fehdehelfer. Weil diese Männer aber nicht ständig entlohnt werden konnten, mussten sie sich selbst das Lebensnotwendige beschaffen. Das taten sie, indem sie hauptsächlich englische Schiffe kaperten und solche von Portugal und Kastilien.
Da zwischen Frankreich und England Krieg um die französische Thronfolge herrschte, war es mehrheitlich im Sinne der Fürsten der Deutschen Reiches, die Engländer zu schädigen, wollte man doch Frankreich keineswegs unter englischer Herrschaft sehen.
Mit Kastilien verhielt es sich adäquat. Der 20-jährige König Heinrich III. (1390-1406) von Kastilien war mit Katharina von Lancaster Plantagenet vermählt und somit standen die reichen Kauffahrteischiffe Kastiliens ebenso auf der „Speisekarte“ der Freibeuter.
Solange sich der Seeraub gegen England und Iberien richtete, tangierte das die Hanse wenig. Als freilich hin und wieder eines der hansischen Schiffe aufgebracht wurde, entfachte das den Zorn des deutschen Kaufmanns. – Ärgerlich auch, wenn der englische König Ersatz für gekaperte Schiffe von den Hansen forderte.
Andererseits hatte sich der Hochmeister von Deutschritterorden Winrich von Kniprode bereits 1382 im Namen des deutschen Kaufmanns bei König Richard II über wiederholte Gewalttätigkeiten beklagt, die seeräuberische Engländer an seinen Untertanen verübt hatten.
Es herrschte also quasi ein Kaperkrieg auf der Nordsee, was von Historikern jedoch überwiegend ignoriert wird.
Anteilig zu den Kaperern der britischen Inseln tummelten sich ebenfalls Vitalier aus der Ostsee auf der Nordsee (= früher „Westersee“). Hinzu kamen zum anderen Teil Likedeeler und berufsmäßige Fehdehelfer, Leute, die zu Lande „Freischarführer“ oder in Italien „Condottieri“ genannt wurden.
Was Junker Keno tom Brok erst lernen musste, sein Vater hat es gewusst, ebenso auch Widzelt, dass der Erfolg eines Landesherrn zum großen Teil auf der Schwäche der Nachbarn beruht.
Ritter Ocko war selbst stark genug gewesen; Widzelt hatte sich Fehdehelfer ausgesucht. Sein wachsendes Vermögen erlaubte es ihm, sich den besten Fehdehelfer der Nordsee zu leisten, um sich gleichzeitig einer gezielten Eroberungspolitik zu bedienen. Er hieß Störtebeker, Johann mit Rufnamen, den sie nach dem Schutzheiligen der Seeleute auch wohl Nikolaus oder Klaus riefen, seines Zeichens Kaufmann und Kapitän eines ansehnlichen Schiffes. Dieser Johann Störtebeker aus Danzig war kein verbrecherischer Pirat, sondern ein professioneller Fehdehelfer.
Diese Umstände wurden von der Hanse vernachlässigt. Wichtig schien der hansischen Kaufmannschaft nur das Eine: Das ‚Problem Widzelt Kenisna‘ war durch die Schlacht bei Detern erledigt und zwar mit Hilfe des Bremer Erzbischofs, ohne dass es die Hansen Geld gekostet hätte und ohne, dass sie sich die Hände hätten schmutzig machen müssen. Bremen und Hamburg – als Hauptbetroffene – waren es zufrieden und somit auch die Hansestadt Lübeck.
Widzelt Kenisna war tot und Keno tom Brok, sein Nachfolger, ein junger Kerl von gut zwanzig Jahren, von dem die Hansen glaubten, ihn leicht beherrschen und problemlos manipulieren zu können. Was die Kaufmannschaft allerdings in hanseatischer Arroganz außer Acht ließ, waren die treuen und welterfahrenen Berater des jungen Häuptlings:
Zuerst ist da Embeco „Ecclesiorum rectore in Buta-Ee“ (= Engerhafe) zu nennen sowie Almer, der „canonicus“ von Oldeborch und belehnte Priester von Uthengerbure (= Engerhafe), dann die Häuptlinge Focko Ukena und der mächtige Heerführer Folkmar Allena sowie natürlich auch Foelke, die Mutter des frisch ernannten Lehnnehmers. Nicht zuletzt konnte Keno sich auch auf Rat und Tat des Grafen und väterlichen Freundes Albrecht von Holland stützen, der als einer der mächtigsten Fürsten Europas erheblichen Einfluss auf die Geschehnisse in Ostfriesland nahm.
Obwohl Widzelt Kenisna nur ein relativ kleines, aber schlagkräftiges Kontingent der ‚Likedeeler‘ in Marienhafe beherbergt hatte, war die Annahme der Hansen nicht völlig daneben gegriffen. Jedoch verkannten sie die Lage, sahen nicht die Tatsache, dass die Piraten nicht nur in Widzelts Beritt gut verteilt waren. Nein, jeder Häuptling, der einen oder sogar mehrere Häfen beherrschte, hatte ebenfalls Freibeuter aufgenommen.
Die „Krummhörn“ galt mindestens seit den Tagen der Normannenkönige als Anker- und Handelsplatz schlechthin, das sagte bereits das norwegische Wort ‚Krum‘ aus, welches einen Ort bezeichnet, wo die Handelsschiffe ankern. Seit geraumen tausend Jahren reihte sich in der „Krumhörn“ Hafen an Hafen. Nun reihte sich dort Seeräubernest an Seeräubernest.
Auch Propst Hisko Abdena beherbergte in Emden ein recht ansehnliches Kontingent an Fehdehelfern oder Freibeutern – wie immer man das nennen mochte. Diese unterstützten ihn tatkräftig im Kampf gegen die Prämonstratenser – auch Vetkoper genannt – jenseits der Ems.
Die Vetkoper, das waren Anhänger des Grafen von Holland, die dessen Bemühungen unterstützten, Groningen und das Umland von Groningen seiner Grafschaft einzupassen. Dagegen kämpften vehement die Zisterzienser, die man wegen ihrer weißen Kleidung auch als Schieringer bezeichnete. Propst Hisko Abdena kämpfte auf der Seite der Schieringer, wie auch sein Dienstherr, der Bischof von Münster, der sein Bestes tat, um Graf Albrechts Ziel zu vereiteln. Und selbstverständlich durfte auch der Bischof von Utrecht in dieser Auseinandersetzung nicht fehlen, weil er ebenfalls verbriefte Ansprüche auf die Drenthe besaß, zumal das Erzbistum Utrecht die Drenthe einst erworben hatte.
Verstärkt wurde der Kampf durch gewisse Unterschiede und Rivalitäten zwischen dem Orden der Prämonstratenser und dem der Zisterzienser. Dieser Streit schaukelte sich zu mörderischen Feindseligkeiten auf, die absolut nichts mehr mit dem „Motto der Liebe“ eines Ordens gemein hatten.
Der reichste und mächtigste Mann von Groningen hieß Jarges Coppen aus Stavoren. Er galt als derjenige, der den Zisterzienser-Orden gegen den Grafen aufhetzte. Seinen gewaltigen Einfluss nutzte er, um Graf Albrechts Pläne zu durchkreuzen.
Selbstredend beteiligte sich die Elite des Stadtrates an dem Kampf um die Freiheit Groningens. Berühmte Namen aus dem Ratskollegium standen auch auf der Liste der Freibeuter, ja, selbst ehemalige Bürgermeister und deren Söhne fanden sich hüben wie drüben ein. Alles in allem ein schwer durchschaubares Geflecht von Animositäten.
Eine gründliche Überprüfung der Sachlage aber hielt die Hanse für überflüssig. Womöglich dachte man gar nicht über derartige ‚Nebensächlichkeiten‘ nach, war auch zu schwierig, da durchzufinden, wo anscheinend jeder jeden bekämpfte. Eine Beilegung des Streites lag nach den vielen Morden hüben wie drüben in weiter Ferne. Die Hansischen nahmen an, dass Widzelt, alldieweil sie ihn für den mächtigsten aller Häuptlinge hielten, auch die Gewalt über alle Freibeuter inne gehabt hätte und mit seinem Ableben der Spuk vom Tisch sei. Somit zogen sie es vor, die Ostsee von Seeräubern zu befreien. Infolgedessen wurde auch der anfangs anberaumte Hansetag unbekümmert auf den 25. Juli 1399 verschoben, welcher aber dann erneut ausfiel.
Wurde das Treiben der Vitalienbrüder auf der Ostsee nun auch durch den Deutschritterorden radikal beseitigt, so führten diese Maßnahmen möglicherweise dazu, dass die Piraterie in der Nordsee zunahm.
Drum beraumten die Hansen eine neue Tagfahrt für den September desselben Jahres in Nykjöbing an. Hierzu wurde auch Herzog Albrecht von Bayern gebeten. Aus diesem Grunde befand man es für unnötig, Junker Keno tom Brok oder einen seiner Vertreter zu dieser Tagfahrt einzuladen, obwohl man bereits wusste, dass der Fehdehelfer Störtebeker mit seinen Gesellen wieder die alten Quartiere in Marienhafe bezogen hatte. Die Notwendigkeit, Keno tom Brok teilnehmen zu lassen, ignorierte die Hanse. Ihr genügte die Zusage von Herzog Albrecht, zwischen Keno und Hamburg vermitteln zu wollen.
Der hauptsächliche Gegenstand des Hansetages befasste sich mit den Seeräubern und ihren Hegern.
Das Palavern nahm kein Ende, denn die Nachrichten erwiesen sich zum Teil als widersprüchlich und unzuverlässig. Die hansischen Krämer wussten daher nicht, wo die Piraten nun wohl tatsächlich Unterschlupf fanden. Endlich wurde beschlossen, Botschaften an alle mutmaßlichen Heger der Piraten zu senden. Dies geschah in einem gar selbstsicheren Ton, mit der unmissverständlichen Aufforderung, die Seeräuber nicht mehr zu dulden und aus ihren Landen hinauszukatapultieren. Es folgten allerhand forsche Drohungen bei Zuwiderhandlung. – Kein Zweifel, die Hanse verfolgte das Ziel, die Häuptlinge zu entmachten.
Bitterernst war es der hansischen Brüderschaft mit ihren Drohungen, aber dennoch eine Täuschung, da die Städte über keine nennenswerte Streitmacht verfügten, um wirklich tätig einschreiten zu können. Der Deutschritterorden, der so tüchtig die Piraten der Ostsee bekämpft hatte, weigerte sich, obgleich Mitglied der Hanse, Krieg gegen die Häupter Frieslands und ihre Freibeuter zu führen. Das lässt interessante Rückschlüsse zu. Eine Einmischung hätte manch nützliche Beziehung zu den mächtigen Anrainerstaaten zerstört. Eine Beherrschung der Nordsee schloss sich für den Orden deswegen von vornherein aus.
- In der Ostsee waren die Deutschritter unter ihrem Hochmeister Konrad von Jungingen mit der unglaublich großen Streitmacht von 84 Schiffen und viertausend Mann Besatzung gegen die Vitalienbrüder vorgegangen.
- Sie hatten Gotland erobert, viele Schlösser niedergebrannt und unzählige Vitalier getötet.
- Seither hielten sie Gotland besetzt.
- Damit war der Deutsche Ritterorden die beherrschende Seemacht der Ostsee geworden.
- Das wiederum schmeckte verschiedenen Leuten der Hanse rein gar nicht.
- Wunderbar, dass die Vitalienbrüderschaft zerschlagen worden war. Allein, nun verbaute der Deutschritterorden die angestrebte Herrschaft der Hanse über die Ostsee. So jedenfalls sah es Graf Albrecht von Holland, und das schien schon damals absolut schlüssig zu sein.
Doch was führte die Hanse im Schilde? Wollte sie jetzt tatsächlich die Herrschaft über die Nordsee an sich reißen?
Sie warf ihre Tentakeln aus, umwickelte jeden, ob Freund, ob Feind: Die „dudesche Hanse“, ein stolzes Wort; „die deutsche Hanse“, ein Bund des „gemeinen Kaufmanns“, eine Genossenschaft von eigenartiger Konstellation:
Die große Mehrzahl der verbündeten Städte ist Landesherren unterworfen und verpflichtet. Und dennoch stehen sie in der Gesamtheit der Hanse alle unabhängig da. Sie selbst bestimmen ihr Wollen und Tun. Aus dem Zusammenschluss entwickelt sich eine mächtige Kraft, eine Geld- und Kriegsmacht. Doch auch diese ist nicht gefeit vor inneren Kämpfen und Zerwürfnissen.
Nicht selten gibt es in den Hansestädten Aufruhr. Parteien und Geschlechter bekämpfen sich auf Leben und Tod und manchmal wird das bestehende Regiment der Bürgermeister und Ratsherren gestürzt und eine neue Herrschaft errichtet.
So geschehen auch in der Hansestadt Groningen, wo sich Vetkoper und Schieringer bis aufs Blut bekämpfen. Die Unterlegenen müssen fliehen, wollen sie nicht auf dem Richtplatz enden. Sie suchen sich Helfer von auswärts, um ihre Herrschaft zurückzugewinnen und viele schließen sich den Likedeelern an, um mit dem Schwert ihre Rechte zurückzuerobern. Bestechung, Verrat und Verschwörung sind an der Tagesordnung, genauso wie das wechselnde Regiment von Schieringern und Vetkopern.
Dem Unrecht aber, mit dem fürstliche Machthaber ihren Eigennutz verfolgen, messen die widerspenstigen Hansebürger zumindest Gleiches an Härte und Grausamkeit zu. Denn ist es nicht so, dass Barmherzigkeit nichts weiter als Schwäche ist, wodurch man Recht und Besitz einbüßt? Einzig die eiserne Faust verbürgt Gewinn! Rücksichtslosigkeit ist gefragt im Geschäft – Mildtätigkeit eher unnütz und lästig. Die „Deutsche Hanse“, das bedeutete Bewunderung und Erbitterung, Schöpferkraft und offene Empörung zugleich.
Die schärfste „Waffe“ der Hansischen war Erpressung, d.h. das altbewährte Mittel des Abbruchs von Handelsbeziehungen. Dieses Mittel zwang manch stolzes regierendes Oberhaupt in die Knie. Vor noch gar nicht langer Zeit erst die Herren von Male, Gent und Brügge. Die Drohung mit dem Hunger der Bevölkerung verfehlte das gesetzte Ziel der Hanse selten und wenn doch, so wurde ein grausames Exempel statuiert: Boykott und Abzug der Kaufmannschaft. Das setzte letztendlich den zähsten Fürsten schachmatt.
Neben anderen Häuptlingen erhielt nun auch Keno tom Brok eine harsche ‚Aufforderung‘ der Hanse, die Seeräuber zu verfolgen und abzuurteilen. Keno reagierte nicht sofort auf die Einschüchterungsversuche und frechen Drohungen, beriet sich vermutlich zuerst einmal mit seinen Beiständen.
Indes, die Piraten bestanden ja jeweils nur aus kleinen Schiffsbesatzungen, Gruppen und Grüppchen – verteilt über ganz Ostfriesland, bisweilen sogar miteinander zerstritten, weil Vetkopern bzw. Schieringern zugehörig. Sie zu entlassen, mochte leichter gelingen, als der Hanse zu trotzen.
Keno entschied sich vorerst fürs Abwarten…
Aufkündigung des Lehnvertrages
Die Hansen hatten sich bei Gott und der Welt beschwert. Herzog Albrecht war ebenfalls eine Beschwerde zugegangen. Dieser durfte nicht riskieren, in einen Hansekrieg verwickelt zu werden. Niemand übersah die Konstellation besser als er und von niemandem ließ Albrecht sich in die Suppe spucken, schon gar nicht von den hansischen Krämern.
Bald schon erreichte Keno tom Brok eine niederschmetternde Depesche aus ‘s-Gravenhage (=Den Haag): Der Herzog von Bayern/Graf von Holland kündigte das Lehnverhältnis auf! – Konnte es eine schlimmere Nachricht geben? Das bedeutete die Einziehung des Lehens! Almer Yno aus Arle, der Priester von Buta-Ee (Engerhafe) wurde zum Haag entsandt, um dort um „Absolution“ beim Herzog von Bayern nachzusuchen.
Herzog Albrecht gab den Hansestädten bekannt, dass er das Lehnverhältnis mit Keno tom Brok aufgekündigt habe. Mit dieser aufsehenerregenden Maßnahme kam er der Hanse zuvor, die ihn für Kenos Tun in Verantwortung nehmen wollte. Fraglos signalisierte des Grafen Erlass der Hanse gegenüber Wohlwollen. – Wie sich aber zeigte, war diese Maßnahme nichts weiter als ein kluger taktischer Winkelzug. Albrecht wollte Groningen aus dem Verband der Hansestädte herausbrechen! Das würde der Selbstzufriedenheit der Hanse eine tiefe Wunde schlagen. Und wer anders als Keno sollte Albrecht dabei hilfreich die Hand reichen? Ihm war bewusst, dass Junker Keno die Streitmacht wegbrach, wenn er die Likedeeler entließ, dass er ohne diese Gesellen seine lehn-vertraglichen Aufgaben nicht erfüllen konnte, denn er sollte ja Groningen niederwerfen.
Seit dem Übereinkommen von 1165, welches Kaiser Friedrich Barbarossa bewirkt hatte, gab es ein sogenanntes Kondominium. Danach war Groningen sowohl dem Grafen von Holland als auch dem Bischof von Utrecht zu gleichen Teilen aus der Ausübung der Grafenrechte zinspflichtig. Seinerzeit gehörte der Federgau zu Groningen wie auch das Brookmerland. Somit unterlagen diese Länder dem jeweiligen Lehengrafen. Während die Friesen diesseits der Ems die Herrschaftsansprüche akzeptierten, erkannten die Friesen jenseits der Ems im Gegensatz dazu diese nicht an und suchten seither, sich ihrer zu erwehren.
Nachdem Friedrich III. von Blankenheim (geb. ca. 1355; +1423) – Sohn aus dem noblen Grafenhaus derer von Blankenheim in der Eifel – anno 1393 zum Erzbischof von Utrecht ernannt worden war, wollte er die alten Utrechter Anrechte durchsetzen. Das musste Friedrich von Blankenheim auch wohl, war er doch nach den verhängnisvollen Kriegen gegen die Bevölkerung von Straßburg pekuniär total am Ende.
Bischof Friedrich von Blankenheim, hatte sich 1373 einen blutigen Namen als Bischof von Straßburg gemacht. Hunderte von Dörfern hatte er besetzt, geplündert und verbrannt. Ihm war dann das Geld ausgegangen. Da rettete ihn noch nicht einmal seine Silbermine, die er für die Diözese erworben hatte. Friedrich von Blankenheim konnte seinen Verpflichtungen, die er seinen Verbündeten gegenüber eingegangen war, nicht mehr nachkommen. Das verzeihen Geldgeber kaum.
Nachdem die Stadt Straßburg sich mit dem Kaiser ausgesöhnt hatte, stand Friedrich von Blankenheim quasi “im Regen“, unmöglich, sein Amt weiter auszuüben. Da blieb nur die Flucht. – Er kaufte Wilhelm von Diest den Bischofsstuhl von Utrecht ab und segelte in der Nacht vom 30. Juli 1393 rheinabwärts gen Nimwegen in seine neue Diözese. Er wusste, dass er in seiner neuen Diözese Geld eintreiben musste und auch, dass das nur mit Krieg vonstatten gehen würde, drum brachte seine kriegerischen Brüder gleich mit, besonders Gerhard.
Der Graf von Holland hatte seine Ansprüche in Groningen bisher nicht durchsetzen können. Die Stadt wehrte sich aufs Entschiedenste, auch nur irgendeine Oberhoheit anzuerkennen. Deswegen konnten kriegerische Auseinandersetzungen nicht ausbleiben.
Vetkoper – Schieringer – Bronkhorsten – Hekeren – ein schier undurchschaubares Geflecht von Lagern und Ansprüchen, Animositäten und Feindschaften gab es in Groningen und Umland. Hinzu kamen noch der Erzbischof von Utrecht, der Bischof von Münster, zu dessen Diözese damals Groningen zählte, und nicht zuletzt Graf Albrecht höchstpersönlich! – Da musste Junker Keno tom Brok sich gut auskennen, um nicht ungewollt ins Fettnäpfchen zu treten.
Zuvörderst möge Keno den Hansestädten umgehend mitteilen, dass er die Piraten vertreiben wolle, ordnete Graf Albrecht an. Und außerdem müsse er Likedeeler und Vitalier stehenden Fußes aus seinen Diensten entlassen. Der Graf ihn ließ wissen, da er nun nicht mehr sein Lehnsmann sei, ermögliche es die gegenwärtige Lage, dass er – Graf Albrecht – auf der neuerlich geplanten Tagfahrt der Hanse als Schiedsrichter zwischen Keno und der Hanse agieren könne. – Welch kluger Schachzug, das Lehnverhältnis zwischen ihnen beiden zu lösen, um als Schiedsrichter fungieren zu können!
Herzog Albrecht von Bayern, Graf von Holland, war bei den Hansischen hoch angesehen, denn – das hatte man nicht vergessen – Albrechts Vater, Kaiser Ludwig der Bayer, hatte der Hansestadt Lübeck anno 1340 das Goldmünzrecht verliehen. Nicht nur daran erinnerte man sich, sondern auch daran: Was der König gegeben hat, kann er auch wieder nehmen. Und nun war König Wenzel der Schwiegersohn des Grafen Albrecht!
Drum sollte der Wittelsbacher Herzog von Bayern und Graf von Holland, die strittigen Punkte zwischen Keno und der Hanse beilegen. So bestimmten es die hansischen Vertreter und beriefen also Herzog Albrecht zum Schiedsrichter. – Dieser Wunsch der Hansen entbehrte keineswegs der Ironie, stand der mächtige Herzog von Bayern, Graf von Holland, mit den ’Pfeffersäcken‘ doch im Geheimen gänzlich auf dem Kriegsfuß. Die aber waren entzückt von seinem Hochsinn. In Erinnerung an seine Vermittlung auf dem Hansetag von Nykjöbing im September 1399 zwischen Hamburg und Keno, waren sie überzeugt, den Grafen auf ihrer Seite zu wissen und mit seiner Hilfe Keno tom Brok in Grund und Boden stampfen zu können.
Gern billigte der Herzog das Begehren der Hansestädte!
Derweil arbeiteten die Administratoren des Herzogs bereits emsig an der Lösung des Lehnproblems bezüglich Keno tom Brok.
Fakt: Der Lehnvertrag zwischen dem Grafen und Keno war aufgelöst worden, das Lehen eingezogen.
Zuvörderst war Keno jetzt des Grafen Vogt. Für das verbriefte Erblehnrecht aber musste ein passender Lehnsherr gefunden werden. Das brauchte seine Zeit, allein schon wegen der administrativen Maßnahmen, die es galt, in die Wege zu leiten und zu einem guten Abschluss zu bringen.
Ein neuer Lehnsherr musste her, und es musste jemand sein, der dem Grafen von Holland nahe stand. Einer, der loyal war und sein Vertrauen genoss, dem der Graf das Lehen von Friesland ohne weiteres übertragen konnte und der es als Afterlehen weitergeben würde. Ein Lehnsherr also, der ganz in Albrechts Kielwasser fuhr. Auch musste die Sache so geschickt eingefädelt werden, dass die Hansebrüderschaft den raffinierten Handel nicht sofort durchschaute.
Welche Lösung bot sich an? Verwandtschaft! Einer der Schwiegersöhne von Herzog Albrecht eignete sich prächtig: [1]Wilhelm I., Herzog von Geldern und Jülich, Gemahl seiner Tochter Katharina.
Wilhelm von Geldern präsentierte den idealen Kandidaten für ein Lehen, zumal vor nicht allzu langer Zeit, der Herzog von Geldern schon einmal Friesland besessen hatte: Damals, anno 1339, war Hilmer Kenisna, Kenos Urgroßvater, Häuptling von Brokmerland gewesen und somit Lehnsmann von Geldern geworden.
Kaiser Ludwig der Bayer, Herzog Albrechts großmächtiger Vater, [2]römisch-deutscher Kaiser, hatte Friesland für 40.000 Mark Silber an Herzog Rainald II. von Geldern verpfändet. Deshalb war Rainald II. gleichzeitig von Kaiser Ludwig zum Herzog von Geldern erhoben und mit Ostfriesland belehnt worden.
Als Rainald II. 1343 verstorben war, folgte ihm sein zehnjähriger Sohn Rainald III. nach und zwar unter Vormundschaft des Grafen Adolf II. von der Mark (+1347). Mit dieser Erbfolge waren aber die Bronkhorsten und deren Anhänger nicht einverstanden, denn man berief sich auf das friesische Recht, nach welchem der jüngere Sohn die Erbfolge antrat. Die Bronkhorsten wünschten Rainalds 3 Jahre jüngeren Bruder Eduard an der Macht. Es hatten sich somit zwei Parteien gebildet, die Hekeren, an deren Spitze Herzog Rainald III. stand, und die Bronkhorsten, die dessen Bruder Eduard favorisierten. Diese Parteien bekämpften einander blutig.
Rainald III. Herzog von Geldern heiratete am 1.7.1347 Maria von Brabant, Tochter des Herzogs Johann III. von Brabant; eine gute Partie und ein mächtiger Verbündeter, den der Herzog damit gewonnen hatte. Davon erzählte man sich noch lange und auch von dem tragischen Pesttod von Graf Adolf II. von der Mark, Rainalds Vormund. Viele Millionen Menschen erlagen damals der Pest, die bis in die fünfziger Jahre hinein wütete und ganze Landstriche total entvölkerte.
Kurz nach Hilmer Kenisnas Tod war dessen Sohn, Keno Hilmerisna, Lehnsmann von Geldern geworden.
Später dann, nachdem die Folgen der Pest ziemlich ausgestanden waren, anno 1361 in der Schlacht bei Tiel, wurde der Kampf um die Vorherrschaft in Geldern zwischen Hekeren und Bronkhorsten weitergeführt. Rainald wurde besiegt und gefangen genommen. Damals nannte man ihn noch Rainald den III. Sein Bruder Eduard übernahm nun die Regierung. Da aber Rainalds Gemahlin die Tochter des Herzogs Johann III. von Brabant war, akzeptierte Brabant keineswegs diese Niederlage und die Fehde setzte sich mit aller Härte fort.
Anno 1371 verlor Eduard in einem Gefecht mit Brabant sein Leben. Jetzt wurde Rainald III. nach zehn schrecklichen Kerkerjahren aus der Gefangenschaft befreit und wieder zur Regierung berufen. Man nannte ihn nun „den Dicken“. Rainald aber war todkrank, vermutlich aufgeschwemmt von den ewigen Wassersuppen. Er starb noch im selben Jahr, ohne Kinder zu hinterlassen.
Wilhelm von Geldern, Herzog Albrechts Schwiegersohn, war der ideale Lehnherr für Keno tom Brok. Zuvörderst aber musste Herzog Albrecht von Bayern seinem Schwiegersohn Wilhelm von Geldern das Lehngut erst einmal übertragen. Das aber musste mit dem Einvernehmen seines anderen Schwiegersohnes König Wenzel geschehen, und das wiederum brauchte eine längere Vorbereitung.
Der neue Lehnvertrag zwischen dem Herzog von Geldern und Keno ruhte bis 4.9.1400.
Es ist zu vermuten, um keinen unnötigen Argwohn bei der Hanse zu erregen, sollte die Lehnvergabe an Keno bis nach der Tagfahrt von Lübeck im Februar ruhen, weil Wilhelm von Geldern Herzog Albrechts Schwiegersohn war.
Haro von Faldern, Ihmel von Eilsum, Haro von Greetsiel, Enno von Norden und Haro von Dornum unterzeichneten die Verzichtsurkunde. Sie beinhaltete das heilige Versprechen für die Unterzeichner und ihre Nachkommen, die Piraten zu verbannen. Es hieß, man werde niemals mehr Seeräuber in den eigenen Häfen dulden. (Man kann vermuten, dass besonderen Wert auf „in den eigenen Häfen“ gelegt wurde, denn es gab genügend andere Häfen, wo die Piraten Unterschlupf finden konnten.) Keno beurkundete dies am Tag des Heiligen Mathias, dem 24. Februar anno 1400, mit „Kenonis“ und hängte sein Siegel in rotem Wachs daran. (Urkunde abgedruckt in Willebrants Hansische Chronik, 3. Abt. p. 37)
Luward Itzinga (= Name seiner Ehefrau angenommen) unterzeichnete die Urkunde ebensowenig wie sein Bruder Probst Hisko Abdena von Emden. Ein schwerer Mangel! Keno drohte mit beiden Gewaltmaßnahmen.
Danach ließ Keno seine Piraten landeinwärts ziehen und verbot ihnen, mit einer Flotte auszulaufen. Sie hielten sich daran und in der Tat sah man Mitte März in Kenos Landen keinen Seeräuber mehr.
Prompt aber nahm Propst Hisko Abdena Mitte März 1400 in Emden Freibeuter auf. Er hatte das Übereinkommen mit der Hanse ja nicht unterzeichnet, befand sich also auch nicht in der Pflicht!
Zur selben Zeit war Luward Itzinga, Hiskos Bruder, Häuptling des westlichen Teils des Norderlandes. Auf Kenos massiven Druck hin entließ dieser seine Piraten und es ist zu vermuten, dass es wohl die Freibeuter seines Bruders Luward waren, die Hisko Abdena nun aufgenommen hatte.
Edo Wiemken, der Häuptling von Rüstringen, hatte als erster das große Potential der Freibeuter erkannt und genutzt. Das arme, von Sturmfluten zerrissene Land brauchte öfter mal eine gute “Prise“, schon allein, um die Kosten für die nötigsten Deicharbeiten schultern zu können. Da kamen Edo und Ihne Popken, dem größten friesischen Seeräuber, die Kauffahrteischiffe gerade recht. Edo hegte die Piraten desgleichen als Fehdehelfer und hatte keinesfalls die Absicht, sich von ihnen zu trennen. Kaum waren Wege abgetrocknet, da zog Edo Wiemken mit seinen Fehdehelfern aus und eroberte die Kirchspiele Sande und Schortens.
Bisher hatten Edo und Keno Frieden miteinander gehalten und einander sogar hin und wieder geholfen. Sicher, nicht gegen ihn richteten sich Edos neuerliche Eroberungen, aber Edo hatte Keno hoch und heilig geschworen, die Piraten nicht länger zu beherbergen. Was aber sollte Keno jetzt ohne die Unterstützung eigener Fehdehelfer dagegen tun? Etliche seiner eigenen, von ihm vertriebenen Piraten saßen in ihrem neuen Stützpunkt, der Kirche von Holtgaste. Sollte Keno sie zurückbeordern nach Marienhafe und sich damit wieder die Hanse auf den Hals holen? – Eine Zwickmühle, in der er sich befand.
Ein Großteil der Ausgewiesenen hatte seither sogar Aufnahme bei Graf Albrecht von Holland gefunden. Um seine Streitkräfte rasch aufzufüllen, boten sich die Piraten als ideale, wohlfeile Fehdehelfer an. Sie wurden nun zu Freibeutern mit offiziellem Kaperbrief. Mit gräflichem Dekret durften die Freibeuter nun für Ruhm und Gewinn ihres Herrn Schiffe überfallen.
Unheilvoll zeichneten sich auch Probleme mit Propst Hisko von Emden ab, der ja etliche der vertriebenen Piraten beherbergte. Es ist zu vermuten, dass Propst Hisko das tat, um seine Kriegsmacht zu stärken und gegen Keno einzusetzen. Solcherlei Aktivitäten erschreckten Keno und seine Vertreter nicht wenig. Hisko äußerte zwar, lediglich den Schieringern von Groningen beistehen zu wollen und deshalb… Das sollte der junge Keno glauben?
Die Hansen hatten Keno gezwungen, Schutz und Hilfe der Likedeeler aufzugeben. Dadurch wurde er stark geschwächt und jene gestärkt, die jeden Tag in seinen Beritt einbrechen konnten. Ohne Schutzherrn und ohne die Unterstützung der Fehdehelfer hing drohend das Damoklesschwert über ihm. Er wurde zum Freiwild und konnte blitzschnell alles verlieren. Eilends schickte er daher einen Hilferuf nach Lübeck. – Wie gehabt, verhallte dieser Appell bei der Hanse ungehört.
Es scheint so, als ob es den Hansen gelegen kam, dass Keno so angreifbar geworden war. Lübeck wollte mit Macht eine Expedition gegen die Piraten der Nordsee durchsetzen. Sie richten große Erwartungen auf das Franziskaner-Kloster Faldern und natürlich auf Propst Hisko Abdena von Emden, der durch seinen Dienstherrn, den Bischof von Münster, über hervorragende Verbindungen und Informationsquellen verfügte, waren doch die Franziskaner mit der Hanse verbrüdert!
- Bremen wollte im Gegensatz dazu, dass man gegen Hisko Abdena von Emden und Edo Wiemken aus Rüstringen vorgehen solle, denn dort waren viele der verjagten Piraten untergekommen. Gegen Edo Wiemken möge sich vor allem die geplante Expedition richten.
- Hamburg und Lübeck aber verweigerten dazu ihre Unterstützung.
- Bremen tat sich darum mit dem Grafen Moritz von Oldenburg zusammen.
- Um sich schadlos zu halten, haben sie gemeinsam Rüstringen überfallen.
Keno ließ den Städten Hamburg, Bremen und Lübeck durch Sendboten vermelden, wenn nicht endlich die zugesagte Unterstützung einträfe, seien Keno und seine Vormünder gezwungen, erneut Fehdehelfer aufzunehmen, um sich gegen äußere Übergriffe schützen zu können.
Das zeitigte Wirkung in Lübeck sowie in Hamburg. Jetzt erkannten die dortigen Hansen die günstige Gelegenheit für “große Taten“, denn man betrachtete diese Art der Fehdehelfer als gemeine Friedensbrecher, die man in Selbstjustiz verfolgen und aburteilen konnte. Allerdings hatten sich die Landesherren allenthalben das Blutgericht vorbehalten, trotz der vielfältig eingeräumten Sonderrechte der Hanse. Somit bedurfte ein Hals- und Blutgerichtshof einiger Vorbereitung, weil das im Besonderen auch den Grafen von Holland tangierte, der besser nicht verärgert werden sollte. Mit tätiger Unterstützung des Franziskaner-Ordens, dem die Lübecker Kaufmannschaft sehr eng verbunden war, stand dem “Wohlgelingen“ nichts im Wege.
Die Hansestadt Bremen hingegen fühlte sich weniger veranlasst, die Freibeuter zu beseitigen, denn man trieb regen Handel mit der billigen “Importware“ aus England, Portugal und Kastilien. Die Kaufhalle im Erdgeschoss des Bremer Rathauses war voll von Händlern, die sich aus dem “Angebot“ der Piraten bedienten.
Hamburg und Lübeck aber rüsteten nun Schiffe aus, um den Freibeutern und ihren ostfriesischen Hegern einen drastischen Schlag zu versetzen.
Das hansische Vorhaben nahm jedoch nicht wenig Zeit in Anspruch und Kenos Vormünder erhielten von den Städten keine aufschlussreichen Nachrichten. Sie sahen unterdessen Hisko Abdenas Rüstungen ausufern. Es blieb Keno und seinen Vertretern daher keine andere Wahl: Sie mussten erneut Freibeuter als Fehdehelfer an sich ziehen.
Im Hamburger Hafen versammelte sich die hansische Kriegsflotte und am 22. April 1400 verließen die Orlogschiffe die Elbmündung und segelten in Richtung Helgoland, wo eine erkleckliche Anzahl von Piratenschiffen vermutet wurde. Sie wurden überrumpelt, die Besatzungen nach Hamburg gebracht und hingerichtet.
Am 5. Mai 1400 Schlacht auf der Osterems
Am 4. Sept. 1400 wurde Kenos Lehnurkunde mit Geldern ausgestellt.
[1] Wilhelm I. (*31.03.1363, †16.02.1402 Arnheim, begraben in Monnikhuisen), Herzog von Geldern 04.12.1371-16.02.1402, Herzog von Jülich 13.12.1393-16.02.1402. Heirat zu Gertrudenberg am 18.09.1379 mit Katharina von Bayern-Holland (*1358, †11.11.1400 Hattem, begraben in Monnikhuisen), Tochter von Herzog Albrecht I. von Bayern (25.07.1336-12./13.12.1404), Grafen von Holland, Friesland und Seeland, und der Margarete von Schlesien-Brieg (1336-Februar 1386). Katharina von Bayern-Holland war eine Enkelin Kaiser Ludwigs IV. dem Bayern
[2] Der Titel „Sacrum Romanum Imperium“ (für 1254 verbrieft) war die offizielle Bezeichnung für den Herrschaftsbereich der römisch-deutschen Kaiser vom Mittelalter bis 1806. Seit dem späten 15. Jahrhundert war zeitweilig der Zusatz Deutscher Nation (lat. Nationis Germanicæ) üblich.
Der Titel „Sacrum Romanum Imperium“ (für 1254 verbrieft) war die offizielle Bezeichnung für den Herrschaftsbereich der römisch-deutschen Kaiser vom Mittelalter bis 1806. Seit dem späten 15. Jahrhundert war zeitweilig der Zusatz Deutscher Nation (lat. Nationis Germanicæ) üblich.
31.03.1339 Ostfrs. UB III No 108 Seite 28 (mit Ausnahme des Teils, der dem Grafen Wilhelm von Hennegau und Holland gehörte)
Reinald III, Herzog von Geldern (1343-61), *13.5.1333, +4.12.1371; Heirat 1.7.1347 Maria von Brabant, Dame de Turnhout (+1.3.1399)
Ostfriesische Urkundenbuch I, Nr. 157 sowie O.U.I Nr. 200 und Nr.234 Anno 1387 Buta-E = außerhalb der Ehe (Fluss) = Engerhafe; Anno 1413 wird Engerhafe ‚Uthengerbure‘ genannt
Der Chronist Ubbo Emmius schreibt über Keno II.: Er war ein Mann von hohem, stolzem, unbeugsamen Mute, aber keineswegs unfähig, die Gunst der Menge sich zu erwerben. Schlagfertig in Rat und Tat, hätte er bei längerem Leben die Alleinherrschaft über Ostfriesland erlangt und diese Stellung behauptet.
In dem Traktat von 7 Seelanden, der, im Todesjahr Kenos geschrieben, nicht gerade günstig über die ten Broks urteilt, heißt es: Das reichste und fruchtbarste Seeland ist im Besitz von Junker Keno, der seinem Vater und Bruder in Bosheit und Durchtriebenheit nachfolgte. Er hat das Land bezwungen und arm gemacht, weil es sich nicht gegen ihn wehrte. Auf geistliche und weltliche Personen nahm er keine Rücksicht, sondern war böse in allen Dingen. Um den Krieg zu führen, nahm er aus den Kirchen das Geld und die Kostbarkeiten.
Pure Verleumdung? – Welches Bild trifft zu? – Er war jung, dynamisch und setzte sein Leben für seine Ziele ein, ein Herrscher seiner Zeit, sicher nicht anders als andere Herrscher.
(Anm.: Der Kern des Lehnswesens bestand in der Verpflichtung, für verliehenes Land Dienste zu leisten, und umgekehrt die Verleihung von Land für geleistete Dienste. Der Dienst war ursprünglich ein 40-60 tägiger Kriegsdienst pro Jahr. Das Lehnswesen beruhte darauf, dass die Sicherheit im Besitz von Land lag. ‚Kein Land ohne Herrn, kein Herr ohne Land.‘ Die einem Herrn dienten, standen unter seinem Schutz. In der Theorie war jeder Vasall eines anderen. Der Herr selbst ist Vasall des Königs, dieser wiederum Vasall des Kaisers und der Kaiser selbst ist der Vasall Gottes.)
Vertrag: Ges.f.bild. Kunst, Emden
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Band II „Chroniken der tom Brook“: http://store.kobobooks.com/de-DE/ebook/chroniken-der-tom-brook-1