© – Gunda von Dehn „Gewitter“

Wodan, der Wilde Jäger

Schwarz steht der Wald um Mitternacht.
Mann und Weib und Kind, habt Acht!
Dunkle Schatten im Mondlicht flieh’n.
Seht das Siebengestirn aufzieh’n.
In den Lüften brauset’s schon.
Schaurig hallt des Hifthorns Ton.
Hört das Bellen und das Blaffen!
Hört das Kliffen und das Klaffen!
Schließet Fenster, Tür und Tor,
leget fest die Riegel vor.
 
Hussa, pfeift der Sturm und saust!
Der Wilde Jäger will ins Haus.
Im Kamin pufft feuchter Torf.
„Vater, die Mutter ist im Dorf.“
„Verhalte dich ganz still, mein Kind,
gierig die wilden Hunde sind.“
Es rattert und knattert überm Dach.
„Junge, rüttel’ das Feuer wach,
damit der Schornstein kräftig raucht.
Das hält den Wilden Jäger auf.“
 
„Vater, hörst? Es pocht ans Haus.“
„Ja, der Wilde Mann ist drauß’.“
„Vater, die Mutter wird es sein.“
„Ich lass’ den Wilden Mann nicht ein.
Hörst du nicht die Höllenjagd?Flußschleife1
Heute ist Dreikönigstag.
Wenn Orion niedersinkt,
wenn die Nacht im Licht ertrinkt,
ist der böse Spuk vorüber.
Dann öffne ich die Türe wieder.“
 
 
 
Des Waldes Wipfel neigen sich
unter Wodans Peitschenhieb.
Dann jagt er mit den Wolken fort. –
Die Sonne taucht die Welt in Gold.
Irgendwo ein Vogel singt,
der Tau wie Diamanten blinkt.
Mit bangem Herzen, scheuem Blick
der Knabe geht zum Dorf das Stück.
Dann hat die Mutter er geseh’n!
Herr Gott! Nie war die Welt so schön!
 
Gunda von Dehn
 
Pferde2

Flicka mit Hengstfohlen – 2012 –

AutogrammkarteGunda

Gunda von Dehn

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Bilder: G. v. Dehn – Letzte Änderung 06. Okt. 2023