©  Musik Gunda von Dehn – „Kampf“ aus meinem Musical „Zorn im Blut“
Dietrich Janssen_WHV

Grafik: Dietrich Janssen 1950

Ocko II. – Der Enkel

1417

Ocko II. folgt seinem Vater Keno II. in der Häuptlingswürde. Der unmündige Ocko II. wurde von seinen Vormündern vertreten. Die bekanntesten davon sind seine Großmutter Foelke und Focko Ukena.

Das Bündnis der tom Brok mit Groningen wurde erneuert, die Verhandlungen hierüber kamen am 16.8.1417 zum endgültigen Abschluss

  • Damit wurden die tom Brok wieder in die Wirren jenseits der Ems hineingezogen, aber diesmal im eigenen Interesse, denn bei einem Sieg der Schieringer (Zisterzienser) gegen die Vetkoper (Prämonstratenser) drohte eine Zurückführung Hisko Abdenas nach Emden.
  • Im September 1417 bestätigte König Sigismund zu Konstanz Privilegien der Friesen, die ihnen die Reichsunmittelbarkeit garantierten. Damit waren Kenos Siege nahezu wertlos geworden. Der König schickte Gesandte, um die Streitigkeiten jenseits der Ems zu beenden. Zwar erkannten Oster- und Westergo die Autorität der Gesandten an, nicht jedoch Ocko II. und dessen Lehnsmann Fokko Ukena, die sich vom König betrogen sahen. Ocko II. hat das Freiheitsprivileg nicht unterzeichnet! Diese Standhaftigkeit hielt ihm den Weg offen für die Erhebung zum Grafen. Somit wurde das „Privileg der Frisischen Freiheit“ nicht ohne weiteres wirksam für den Herrschaftsbereich von Ocko II. Der Vertrag wurde auch nicht mit Gewalt durchgesetzt! Ocko II. erreichte das Ziel, zum Reichsgrafen erhoben zu werden, zwar nicht mehr, jedoch Ulrich Circsena – Erbe der Güter der tom Brok – wurde zum Grafen erhoben. Es war auch gar nicht notwendig, dass der Herrschaftsbereich von Ocko II. die „Friesische Freiheit“ erhielt. Es ging im Grunde genommen nur darum, Friesland jenseits der Ems dem Herrschaftsanspruch von Jakobäa und ihrem Gemahl Humphrey von Gloucester (Angehöriger des engl. Königshauses) zu entziehen, indem man es der Reichsunmittelbarkeit unterstellte. Ritter OCKOS Herrschaftsbereich war ein Lehen der Grafen von Holland / Geldern / Brabant und anderer Herren gewesen. Da hat es eine „friesische Freiheit“ nicht gegeben, obwohl dies von verschiedenen Leuten anno 1417 und davor großartig behauptet wurde.

 1418

Zunächst suchten die Gesandten im Juni 1418, die Hansestädte dazu zu bewegen, gegen die Verächter kaiserlicher Befehle einzuschreiten: allein, vergeblich. Daraufhin ließen die Gesandten über die Übeltäter die Reichsacht erklären!

Dies geschah – wie es in der Achterklärung heißt – weil Ocko ten Brok und seine Helfershelfer nicht nur des Königs Befehlen trotzten, sondern überdies jene, die dem König Gehorsam versprochen hätten, mit Krieg arg bedrängten. – Die Geächteten waren somit gleichsam zum Erfolg verurteilt. –

  • Es gelang Ocko II. durch geschickte Kriegführung, seinen Machtbereich auszudehnen.
  • Das Land zwischen Weser und Lauwers gehörte teils zu Groningen, teils war es der Herrschaft Kenos untertan.
  • Das 6. Seeland zwischen Jade und Ems hatte sich Keno ebenfalls unterworfen.
  • Im 7. Seeland besaß Sibbet Papinga, Kenos Schwager, Rüstringen, Wangerland und Butjadingerland, während Focko Ukena als Lehnsmann Kenos das Overledinger-, Mormer- u. Lengenerland inne hat.
  • Das war die Zeit der größten Machtentfaltung in Ostfriesland: Im Westen die Lauwers – im Osten die Weser! Das war der Raum, den einst der letzte Friesenkönig Redbad (Radbod) beherrscht hatte.
  • Der letzte Schritt schien kaum etwas zu kosten. Doch dieser Schritt kostete Ocko II. letztlich Freiheit und Leben.

Die Gelegenheit war günstig wie nie zuvor. Albrecht I. von Bayern, Herzog von Bayern-Straubing, Graf von Holland, Seeland und Hennegau sowie Herr von Friesland war am 16. Dezember 1404 in Den Haag gestorben. Sein Sohn Wilhelm VI., Herzog von Bayern, Graf von Holland, Hainault und Seeland, Graf von Straubing, Herr von Arkel starb am 3. Mai 1417 auf Schloss Bouchain. Die Nachfolge sollte nun eigentlich dessen Tochter Jakobäa antreten, aber Kaiser Sigismund wollte sie nicht als Gräfin der Hinterlassenschaft ihres Vaters bestätigen, obschon sie als Erbin vorgesehen war (per Testament). Als Frau hatte Jakobäa „schlechte Karten“, denn das Erbrecht sah eigentlich einen Mann vor, konnte jedoch modifiziert werden. Da König Sigismund und der Wittelbacher Herzog Albrecht nicht die besten Freunde gewesen waren, kam jetzt die Retourkutsche vom König. Auf Betreiben des Königs und begünstigt durch die Missstimmung gegen Wilhelm VI. und die Vorherrschaft der Hoeken (Adelspartei), konnte sich der Onkel von Jakobäa, der Lütticher Elekt Johann von Bayern, mit Unterstützung der Städte zum Regenten Hollands aufschwingen. So blieb Jakobäa nur der Hennegau, wo sie sofort anerkannt wurde. Jakobäa wurde 1417 Witwe. Ihr Gemahl, Johann von Touraine, war Anwärter auf den französischen Thron gewesen und ermordet worden. Während Jakobäa noch um Ihre Grafschaft kämpfen musste und überdies nach einem geeigneten Gemahl suchte, der ihr das väterliche Erbe sichern sollte, packte Ocko die Gelegenheit beim Schopfe. Kompetente Berater hatte er gewiß in den Grafen von Oldenburg. – Die Lehnvergabe wurde nach dem Ableben eines Partners stets neu geregelt und verhandelt. Somit hing alles zuerst einmal in der Schwebe, bis der König den Nachfolger bestätigt hatte.

  • Jakobäa heiratete am 10.03.1418 Johann IV., Herzog von Brabant und Limburg. Das sah der Kaiser gar nicht gern, weil Brabant damit noch gestärkt wurde.
  • Nachdem die Belagerung des eng mit den „Kabeljauwen“ verbundenen Dordrecht durch Jakobäa im Sommer 1418 gescheitert war, handelte Herzog Philipp von Burgund einen Waffenstillstand aus, der eine gemeinsame Regierung von Johann von Bayern und Johann IV. von Brabant (Jakobäas Gemahl) vorsah, mit Besetzung des Rates durch je vier Mitglieder aus beiden Parteien. Das bedeutete faktisch eine Regierung unter „Mithilfe“ von Herzog Philipp von Burgund, denn der junge Ehemann von Jakobäa scherte sich nicht um Regierungsangelegenheiten, dafür hatte er seinen Onkel Philipp von Burgund. Herzog Johann von Brabant war nur damit beschäftigt, Jakobäas Vermögen unter die Leute zu bringen. Der Herzog war ein unreifer Jüngling und drohte,  Jakobäas Erbschaft bis auf den letzten Groschen an Herzog Philipp (der „Gute“ genannt – aus heutiger Sicht, war er nicht besonders gut!) von Burgund (seinen Onkel) zu verpfänden. Um überhaupt noch etwas zu retten, ließ Jakobäa sich scheiden (1422).
  • Papst Martin V. löste die Ehe 1422 auf, wobei Jakobäa Unterstützung vom König bekam, in dessen Interesse die Auflösung der Ehe stand.
  • Jakobäas Onkel, Johann von Bayern, gelang es nun, die Städte auf seine Seite zu ziehen, während Jakobäa nach England fliehen musste. Sie heiratete dort Herzog Humphrey von Gloucester.
  • Nach dem Tode Johanns von Bayern (+ 5. Januar 1425, vermutlich ein Giftmord) kehrte Jakobäa zurück und suchte mit Hilfe der Hoeken (Adelspartei) und einer von ihrem Gemahl entsandten englischen Flotte die Macht zurückzugewinnen.
  • Nach der schweren Niederlage von Brouwershaven gegen die überlegene burgundische Streitmacht geriet Jakobäa in Gefangenschaft von Herzog Philipp von Burgund, während der Herzog von Gloucester sich nach England absetzte. Jakobäa wurde arretiert und letztlich von Philipp gezwungen  (Juli 1428), die Macht an ihn und die landständische Versammlung ihrer Grafschaften Holland, Seeland und Hennegau abzutreten. (Am 12. April 1433 trat Jakobäa ihre Grafschaften auch nominell an den „Guten Philipp“ ab.)

19.4.1421 beklagt sich der Herzog Johann von Bayern über Ocko II. beim Statthalter von Friesland, dem Herrn Alkmade.

11.6.1421 Beschwerde gegen Ocko

Seite 256. Freies Geleit für Friedenskonferenz in Greetsiel 28.6.1421

1.9.1421 Friedenvertrag zus. mit Herzog v. Bayern (da ist Ocko wohl 17 Jahre alt)

Am 1. September 1421 wurde der Friedensvertrag mit den Groningern unter Einflussnahme des Herzogs Johann von Bayern geschlossen. Diesmal beurkundete Ocko II. mit seinem vollständigen Wappensiegel, dem stolzen Adler mit Kronen auf Haupt und beiden Flügeln. Die Zeiten, in denen Focko Ukena ihm das Siegel aus der Hand nahm, sollten nun für immer Geschichte sein. So wollte es auch der Herzog von Bayern, der Ocko 10 Tage später in Briel mit Brief und Siegel den Titel eines „Kammerherrn“ verlieh. Dieser Titel wurde stets Personen zugedacht, die bereits einen anderen hohen Rang besaßen. In der Hofrangliste stand Ocko nun dem Generalmajor in nichts nach. Eine hohe, besoldete Auszeichnung, die ihn für einige Zeit mit allerlei höfischen Geschäften betraute, so auch als herzoglichen Abgesandten. Von nun an trug er an der rechten Hüfte an einer Seidenkordel einen silbernen Kammerherrenschlüssel. Das verlieh seinem Auftreten hohes Ansehen. Das erlaubte es ihm, auch bei den Vereinbarungen zwischen Ost- und Westfriesischen Häuptlingen ein gewichtigeres Wort zu führen.

Ocko II. benötigte mehr Autorität, denn er musste seine Herrschaft auf feste Beine stellen. Er strebte nun danach, seine Würde zu ihrer alten fast souveränen Stellung zurückzuführen und sich vom gräflichen Einfluss zu befreien. Er suchte beim König nach, um den Reichsgrafentitel zu erwerben. Auch für Ockos Herrschaftsbereich bestand die latente Gefahr, allein schon durch die Streitereien um Jakobäas Erbe, in den 100-jährigen Krieg zwischen Frankreich und England  hineingezogen zu werden. Diese Zeit ließ kein freies Herrschaftsgebiet, ohne etablierten Grafen, zu. Freies Land wurde zur Beute der Mächtigen. Das ging blitzschnell und fremde Heerscharen standen vor den Toren.

Ockos Streben war nur konsequent, auch angesichts seiner mächtigen Vorfahren. Dieses Ersuchen beim König, so heißt es bei dem Chronisten Wiarda,  sei der Grund für den Bruch zwischen Ocko II. und Fokko Ukena gewesen!

Es gab aber noch einen weiteren Grund: Ocko II. wusste mit Sicherheit, die Macht der Hanse einzuschätzen. Selbst als Ocko mit seinem Heer bereits vor Bremen stand, unterließ er es Bremen anzugreifen. Ockos Lehnsmann, Fokko Ukena, wollte anscheinend mehr erreichen, so schreiben verschiedene Chronisten. Diese vertreten die Auffassung, dass Focko Ukena Bremen niederzwingen wollte. Ob das zutrifft? Ein Krieg gegen eine Hansestadt scheint ziemlich unratsam gewesen zu sein. Da sah man schon die Segel der hansischen Kriegsflotte am Horizont auftauchen. – Und nach dem wilden „Wüten“ der Hansen in Ockos Herrschaftsgebiet, wo zu  Zeiten seines Vaters (Keno II) weit über 100 Leute geköpft worden waren, wo geplündert, gebrandschatzt, gefoltert und erpreßt worden war,  wird Ocko II. sich das 3 x überlegt haben. – Also m. E. kein Grund für einen Streit zwischen Ocko II.  und  Focko Ukena, denn Ukena kannte die Macht der Hanse ebenso wie jeder andere Häuptling. Überdies war Ocko II stark Hansa-abhängig.  – Andererseits:  Welcher Regent war das nicht in jener Zeit? Die Hansa machte gern von Erpressung Gebrauch, drohte mit Abbruch der Handelsbeziehungen, d. h. sie drohte mit dem Hunger der Bevölkerung. Da knickte jeder Regent ein.

Es gab  jedoch relevantere Unstimmigkeiten zwischen Ocko II. und Focko Ukena: nämlich massive Ambitionen von Focko Ukena bezüglich der Erbmasse von Ockos Vater Keno II., ein Ansinnen, welches Ocko II. nicht befriedigen wollte und konnte. Focko Ukena wollte den wichtigen Hafenort Oldersum am Dollart mit etlichen Schiffswerften als Eigentum in Besitz nehmen. OCKO II. hatte Oldersum Focko Ukenas Sohn als Lehen überlassen, als dieser OCKO’s Cousine Hebe geheiratet hatte. Focko Ukena vertrat nun anscheinend die Ansicht, Oldersum sei zugehörig zum Malschatz. Das führte wohl zu arger Verbitterung auf beiden Seiten.

  1. Die Schwester von Keno II. (=der Vater von Ocko II.) war Ocka (die wegen angeblichen Ehebruchs von Lütet Attena von Nesse getötet worden war); Ocka war die Mutter von Hebe Attena (Hebe war also die Cousine von Ocko II.)
  2. Hebe Attena heiratete 1425 Uko Fockena, den Sohn von Focko Ukena

Es existiert ein Brief der Stadtboten von Deventer mit dem Inhalt, dass man die Groninger bittet, Ockos Auricher Burg, die von Focko Ukena belagert wurde, zu entsetzen und Proviant zu liefern. Das war am 15. Juni 1427.
Am 24. August 1427 gab es bereits Friedensverhandlungen mit Groningen. Es ging damals also immer noch um den Krieg der Vetkoper kontra Schieringer.

Die Schlacht auf den Wilden Äckern war Ende Oktober 1427. Dies  war also ein 2. Angriff von Focko Ukena gegen Ocko II.
Es ist nirgendwo bisher klar ersichtlich, weswegen die Schlacht eigentlich stattgefunden hat. Nun scheint es doch tatsächlich u.a. wegen Groningen gewesen zu sein. Dort war Ocko II ja ebenfalls einer der 6 bzw. 7 Bürgermeister (Ratsmitglieder).
Ende Oktober 1427 wurde Aurich nicht von Focko Ukena belagert! Da offenbar die 1. Belagerung erfolglos gewesen war, versammelte Ukena die Heerscharen bei Osteel (jene von Norden und jene aus der Krummhörn sowie ebenfalls jene des Sibet Papinga von Rüstringen), um Ocko II. anzugreifen.

Nach längerem Forschen bin ich darauf gestoßen, dass Foelke nach ihrem Tod sehr erheblichen Grundbesitz in der Krummhörn hinterlassen hatte, auf den sämtliche Verwandte (sie hat ja zumindest 1 Bruder und 1 Schwester mit deren Anhang gehabt) Anspruch erhoben. Ich fand nun sogar eine Liste mit den einzelnen Besitzungen (Grundstücken), die Ocko II anfertigen ließ. (Das wäre noch mal eine tolle Aufgabe, herauszufinden, wo welches Grundstück angesiedelt ist – aber wohl unmöglich heutzutage.)
Ockos Land sollte zerpflückt werden, wogegen er sich selbstverständlich gewehrt hat, denn er sah sich als einzigen rechtmäßigen Erben an. Wahrscheinlich war das nach dem allgemeinen Reichsrecht korrekt, aber möglicherweise nicht nach frs. Recht; ein weiter Punkt, wo sich eine Hinterfragung lohnt.
Zu jenen Menschen, die gegen Ocko Erbanspruch erhoben, gehörte auch Focko Ukenas Sohn, der eine Enkelin von Foelke geheiratet hatte. Bei diesem schwierigen Wirrwarr von verwandtschaftlichen Bindungen (Rüstringen gehörte auch zu Ockos Verwandtschaft), ist es heute nicht genau erkennbar, wer alles Anspruch angemeldet hatte. Da alle miteinander verwandt waren, werden es auch sämtliche Verwandte aus der Krummhörn gewesen sein, die ein Stück vom „Kuchen“ haben wollten. Dazu gibt es einige Beistandsabkommen mit entspr. Namensliste. – Machen wir uns nichts vor: Es geht immer um Geld und Macht – damals wie heute!
Fazit: es war wohl in der Hauptsache eine Erbauseinandersetzung, die 1427 zu der Schlacht geführt hat.
Das erinnert sogar etwas an Ocko I. Wegen seines Erbgutes gab es die Schlacht bei Loppersum. Fast scheint es so, als hätten die Familien der Krummhörn sich diese Vorgehensweise bei Ocko I. abgeguckt. Dem war aber nicht so. Diese Art und Weise war im Mittelalter „üblich“ – mit allen Konsequenzen: Heirat, Krieg, Arretierung, Mord und Totschlag pp. Das bekam Ocko II. bitter zu spüren.  – Focko Ukena hat das Rheiderland haben wollen und auch bekommen. Dazu noch viele andere Güter annektiert.

Ukena setzte seine Ansprüche mit Gewalt durch. Begünstigt wurde sein Vorhaben durch die ihm gegenüber positiv gesinnte Anhängerschaft, die sich Vorteile versprach von der Eliminierung des Hansa-abhängigen Häuptlings Ocko II. tom Brok sowie von Ockos Verwandtschaft, die dem jungen Mann ihre Unterstützung versagte. In den Grafen von Oldenburg-Delmenhorst fand Ocko zwar Verbündete, da deren Interessen ähnlicher Natur waren, doch konnten diese – wie auch der Erzbischof von Bremen, der Onkel von Ockos Gemahlin Ingeborg von Oldenburg – nicht rechtzeitig eingreifen. Überdies hatte Ocko II ein Waffenstillstandsabkommen mit dem Bischof von Münster getroffen und verließ sich auf dessen Vertragstreue. Aber der Bischof von Münster dachte nicht daran, den Vertrag einzuhalten, ebensowenig wie Focko Ukena, der die Waffenruhe dazu nutzte, um ein Bündnis gegen Ocko II. zu schmieden und ihn zu überfallen. Fokko Ukena führte das sog. ‘Bündnis der Freiheit’ herbei, ein Hohn, betrachtet man die Regierungzeit von Focko Ukena. Nun, das wußte damals niemand und somit traten Ukenas ‚Bündnis der Freiheit‘ nahezu alle Häuptlinge bei.

Pferd und Reiter3

Grafik G. v. Dehn

Es brachte das Jahr 1427 die letzte blutige Auseinandersetzung zwischen den beiden Kontrahenten. Ohne Hilfe von außen konnte Ocko dieser Übermacht praktisch nichts entgegensetzen und doch stellte er sich zur Schlacht auf den ‘Wilden Äckern’ bei Upgant. Er wurde vernichtend geschlagen, gefangen und in Neermoor ins Verlies gesperrt.

Der Chronist Eggerik Beninga schreibt dazu, dass die Angreifer 1427 von Aurich her über den Woldpad gekommen seien. (Die Wolden im Emsigergau sind vielleicht gemeint.)  Wolden sind Sumpfgebiete, wie der Name schon sagt.  Dort kann man nur auf engen Pfaden hintereinander marschieren und ist dadurch sehr leicht angreifbar. Dazu das schwere Gerät wie zum Beispiel den Rammbock. Dieser diente dazu, Mauern, Tore oder Türme einzureißen. Es gab etliche Spielarten dieser Angriffswaffe. Im 15. Jh. war es nicht mehr der schlichte Baumstamm, der von den Angreifern gegen Mauern bzw. Tore geprellt wurde. Meistens wurde ein Rammbock mit eisernem Rammkopf verwendet. Dieser wurde immer wieder gegen das „Hindernis“ geschwungen, bis eine Bresche entstand. Die Rammböcke besaßen enorme Durchschlagskraft. Dann kamen natürlich auch die sog. „Lederschlangen“ mit den zugehörigen steinernen Wurfkugeln und anderem Wurfmaterial hinzu, mehrere Lasten an Pfeilen, dazu alles, was für Brände nötig ist: Fackeln, Pech, Öl, Stroh, vielleicht die eine oder andere „Bombarde“ (Kanone) mit Lafette, Armbrüste, Piken, Äxte, Schaufeln zum Graben, falls der Bach umgeleitet werden musste, Bussen (Stockflinten), Holz für rollende Angriffstürme und den nötigen Palisadengang (die sog. Katze) für Leute und Rammbock etc.

Das wäre der Bevölkerung nicht verborgen geblieben. Mit Gewißheit hätte man die Scharen von Kriegsleuten – wohlgerüstet mit Lanze und Schwert und Harnisch – zum Sammelplatz ziehen sehen, zu Fuß, zu Pferd, mit Ziegenkarren, Bollerwagen und Eselsgespannen, Ochsenkarren, bissige Hunde waren sicher auch dabei. Lautlos ging das nicht vor sich, allein das brüllende Zugvieh! Das alles durch ein Sumpfgebiet im Brookmerland? Schier unmöglich, zumal darüber hinaus die Wege durch Niederschläge im Handumdrehen unpassierbar wurden. – Ukena selbst hatte erst kurz zuvor das Oldenburger Heer auf seinem Rückzug durchs Moor attackiert und 5000 Mann niedergemetzelt. Wenn sich jemand damit auskannte, dann Focko Ukena!

Überdies: Focko Ukenas Verbündete waren alle in der Krummhörn ansässig – Fockos Sohn von Oldersum und die ganze übrige Verwandtschaft von Focko Ukena sowie auch die verfeindeten Verwandten von Ocko II., einzig allein Sibet Papinga aus Rüstringen (heute Stadtteil von Wilhelmshaven) kam evtl. von der Seite des Jadebusens herbei, jedoch besaß er bei Norden eine Burg, weil er die Tochter Amke von Focko Ukena geheiratet hatte. Also kam er wahrscheinlich auch nicht aus Rüstringen herbei. – Hinzu gesellten sich noch die Abdena’schen Heerscharen des Bischofs von Münster aus dem Emsgau. Sie alle trafen sich bei Osteel, so heißt es in den Annalen.
Überrascht von der Übermacht der Feinde floh Ocko II. ins Kloster Norden, welches Ockos Gegner infam in Brand setzten, um den jungen Häuptling auszuräuchern. Dieser entkam jedoch mit seinen Männern und floh zur Olde Borg. – Vielleicht in Selbstüberschätzung (?) stellte der junge Mann sich mutig der Übermacht. – Weiter ging es dann mit der Schlacht auf den „Wilden Äckern“ unterhalb der Olde Borg.

Erst nach Aurich zu marschieren, wäre für die Angreifer ein nutzloser Umweg gewesen, wo doch die beiden Straßen aus dem Emsland und dem Norderland direkt zur Olde Borg führten. Überdies war das Schloss Aurich so stark befestigt, dass es nur durch eine längere Belagerung hätte geknackt werden können. Es war aber schon Ende Oktober, damit fiel eine lange Belagerung aus, denn die Schlosskeller von Aurich werden mit Vorräten vollgestopft gewesen sein. Bereits kurz zuvor hatte Focko Ukena vergeblich versucht, das Schloss durch Belagerung zu erobern. Würde er als erfahrener Feldherr solch einen Versuch zum 2. Mal unternehmen? Wohl kaum. – Warum sollte Focko Ukena mit seinen Mannen durch Feindesland ziehen, auf matschigen, engen Wegen, um dort auf dem schmalen Woldpad evtl. attackiert zu werden, wenn sie unbehelligt und „heimlich“ aus der Krummhörn kommen und Ocko überfallen konnten? Heimlichkeit, Hinterhalt und Hinterlist waren oberstes Gebot, um Ocko II überrumpeln zu können. Immerhin hatte Ocko II erst kürzlich ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen mit Focko Ukena und dem Bischof von Münster, das die edlen Herren nun mit Füßen traten!

Zur Information: Zwei Wege um die Burg herum hat es 1427 sicher nicht gegeben. Dies wird später der Fall gewesen sein, nachdem die Burg schon geschleift worden war. – Man darf die  Jahrhunderte nicht „vermengen“! – Zwei Wege  wären taktisch höchst unklug gewesen! Eine Burg unnützerweise im Ernstfall derart in eine Zangenlage zu bringen, wäre schlichtweg dumm. So baute niemand eine Burg! – Der Hafen schützte die Olde Burg von der einen Seite, das Moor von der anderen.
Es gab stets nur einen Weg und dieser führte so um die Burg herum, dass der Ritter beim Einreiten zur linken Hand durch seinen Schild geschützt war – rechts die Schwerthand. – Übrigens, Linkshänder „gab“ es nicht, weil eine effektiver Verteidigung unmöglich gewesen wäre. –  Der Weg kam also demnach von Marienhafe. Das ist genau der Fluchtweg, den Ocko II von Norden aus nehmen musste. Ich erinnere daran, dass von Norden aus nur diese eine Straße über Marienhafe zur Burg führte. Eine weitere Straße gab es vom Emsland aus zur Olde Burg. Wo die beiden Straßen zusammentrafen, erhob sich die alte Burg. Pflichtgemäß wurden diese Straßen von den jeweiligen Untersassen in Stand gehalten.

  • 1427 in der Schlacht auf den ‘Wilden Äckern’ bei Upgant wird Ocko II. vernichtend geschlagen
  • Fokko Ukena nimmt Ocko II. gefangen, die ‘Olde Borg’ wird geschleift.
  • Fokko Ukena wird später schlechterdings als Hauptmann der Seeräuber bezeichnet.
  • Ocko tom Brok II. befindet sich noch in Ukena’scher Gefangenschaft, als Kaiser Sigismund ihn am 26. Juli 1431 in den Freiherrenstand erhebt und ihn für Teile Frieslands zum capitaneum generalem (Oberhäuptling) ernennt. Gleichzeitig fordert der Kaiser Ockos Untertanen auf, Ocko tom Brok zu gehorchen und beizustehen. Den Grafentitel konnte der Kaiser Ocko nicht zugestehen, denn das hätte ihn Lügen gestraft, weil das Freiheitsprivileg von 1417 dem entgegen wirkte. – Ein später – zu später Erfolg für Ocko II.
  • Ein weiterer ‚Bund der Freiheit‘ unter der Führung von Enno Circsena von Greetsiel gegen Fokko Ukena, bringt Ocko tom Brok II.  1431 die Freiheit. Focko Ukena flieht aus seiner belagerten Burg in Leer nach Appingedam, wo dessen 2. Frau lebt.
  • Ocko II. heiratet noch einmal eine gewisse Klara (Herkunft unbekannt). Ockos 1. Ehefrau, Ingeborg von Oldenburg, soll kurz vor Ockos Befreiung aus Ukena’s Kerker an Gram gestorben sein. –
  • Ocko II. und seine 2. Frau Klara sterben 1435, anscheinend ohne einen „Thronfolger“ für das Häuptlingsamt zu hinterlassen.
  • In seinem Testament bestimmt Ocko II.  Ulrich Circsena zu seinem Erben.
  • Urkundlich genannt (Ostfrs Urk. B. III, Urk. 197 aus dem Jahr 1403 sowie Urk.. 398-400) ) ist noch ein Tirlingus Ockonis, Priester in Norden. Vermutlich ein Sohn von Ocko I, denn den „tom Brok“ stand offenbar ein Priesterplatz in Norden zu sowie das Amt eines Domherren in Bremen.  Altersmäßig würde das sozusagen „kompatibel“ sein, denn ein Sohn von Keno II. würde „Kenisna“ genannt werden, Ocko II. wäre zu jung gewesen, um Vater eines amtierenden Priesters sein zu können.
  • Den Grafentitel erwarb Ulrich Circsena.

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Münze Wappen Ocko tom Brook II SchillingVorderseite:
tom-Brok-Adler und Itzinga-Sterne: Ocko II stammte ab von Adda Itzinga und Keno II. tom Brok
 
 Legende:
 Miltis II (=Ritter); Kreuz und DNI
DNI = Doni nobilies = Herr / Führer Edelmann
Es folgt – von außen gelesen „DO“ = Domicellus (Junggraf, Junker)
(Die Buchstaben auf Münzen haben manchmal eine doppelte Bedeutung) Werden die Buchstaben also umgekehrt von mittig nach außen gelesen, erkennt man das Wort „Ockonis“. 
Es folgen 7 Perlen, welche in Verbindung mit der Rückseite der Münze zum Prägejahr führen 
 
 
 
Münze Wappen Ocko tom Brook II Schilling RückseiteRückseite: 
Umschrift im Uhrzeigersinn: frz. Lilie – Ordens-Fußkreuz – Ocko – Moneta de Broca
sowie 2 x 4 Perlen und 7 Perlen (Punkte). In dem Wort Ocko erkennt man – wie oben bereits beschrieben – abermals „DO“ als Zeichen des Domicellus

In den Perlen verbirgt sich üblicherweise das Prägejahr. Addiert man diese auf bestimmte Art und Weise, erhält man die Jahreszahl 1422:

je 7 Perlen von der Vorder- bzw. Rückseite = 14. .
4 + 4 Perlen der Rückseite = 8 + 14 Perlen = . . 22
                                                                 = 1422

(Anm.: Ein anderes Prägedatum ist ebenfalls möglich, z. B. 1418, welches der Amtsantritt von Ocko II. gewesen sein könnte. – Die Lilie ist ursprünglich das Zeichen der Jungfrau Maria)

Ocko II.  (Enkel von Ritter Ocko I.) führt sowohl den flügel- als auch den kopfgekrönten Adler neben der freien Krone auf seinen Münzen.


Familie Ukena:

Fokko Ukena geb. zw. 1360 – 1370 ; gestorben 29.8.1436 auf dem Besitz seiner 2. Frau Dykhuisen bei Appingedam;

verheiratet in 1. Ehe mit Theda von Rheide; 3 Söhne und 3 Töchter gingen aus der Ehe hervor.

1. Sohn Udo Fokken heiratet Hima Itzinga von Norden

2. Sohn Uko Fokken heiratet Hebe Attena von Dornum (Ockos Cousine), deren Tochter Theda wird als Säugling verheiratet mit dem späteren Grafen Ulrich Circsena

3. Sohn Thyo erbte Neermoor von seinem Vater

4. Tochter Amke heiratet Sibet Papinga von Rüstringen (Schlacht bei Bargebur 1433+)

5. Tochter Bawe verheiratet mit Evo von Evsum (Tamminga)

6. Tochter (Name unbekannt) verheiratet mit Ihmel Abdena von Emden

in 2. Ehe heiratet Fokko Ukena 1411 nach dem Tod seiner 1. Frau

Hidde Ripperda von Dykhuisen bei Appinge (heute Appingedam), Wytwert, Winsum und Oterdum; 2 Kinder gehen aus dieser Ehe hervor:

  1. Sohn Tzabbe
  2. Tochter Ulske, die 1436 Unico Ripperda von Farmsum heiratet

AutogrammkarteGunda

Gunda von Dehn

Hinweis: Roman Chroniken der tom Brook

Band I-IV „Chroniken der tom Brook“ als E-Books erhältlich

http://www.hugendubel.de/de/ebook/gunda_von_dehn-chroniken_der_tom_brook-29133974-produkt-details.html

Band II „Chroniken der tom Brook“ : http://store.kobobooks.com/de-DE/ebook/chroniken-der-tom-brook-1


Letzte Änderung 05. 10. 2023