© – Gunda von Dehn – „Bis die Distel traget Rosen“ – Interpretin: Musicalstar Katharina Schutza
Vorbemerkung:
Nach einer Sage wollte der Junker Johann von Gut Fikensholt das Töchterlein des Schultzen von Gut Holtzenklinken (bei Zwischenahn) ehelichen. – Den Junker Johann hat es gegeben, die beiden Güter auch und ebenfalls ist das Ende der Geschichte überliefert. Aber bei dieser „traurigen Geschichte“ gibt es unterschiedliche Handlungsmuster und -abläufe, wie das bei „Sagen“ häufiger vorkommt. Die klassische Geschichte (als Theaterstück aufbereitet und in Westerstede vor einigen Jahren aufgeführt) ist diejenige, in welcher der Braut Perlen als Symbol für Tränen gereicht werden und sie in dieser Weise vom Tod ihres Bräutigams unterrichtet wird. Diese Version ist sehr hübsch, beruht jedoch hauptsächlich auf einem Gemälde im Schloss Fikensolt und hat keinen realen Hintergrund. Dieses Gemälde eines unbekannten Meisters, (abgebildet in dem wunderschönen Buch „Oldenburgische Sagen“ von Hermann Lübbing, Heinz Holzberg-Verlag, Oldenburg) zeigt eine sitzende Dame an einem Tisch, im Hintergrund ein farbiger junger Diener, der eine Schale präsentiert, in welcher etliche Schmuckgegenstände liegen. Die junge Frau, gekleidet in reichem Gewand, hebt mit 2 Fingern – eher affektiert als traurig – eine Perlenkette aus der Schale.
Ich habe mich für „Holtzenklinken“ als wahrscheinlichsten Herkunftsort der Braut entschieden, unter anderem auch aus dem Grunde, weil die Gesellschaftsebene der Brautleute „paßt“, was für damalige Verhältnisse von großer Bedeutung war. (Ein Schultze hatte damals richterliche Aufgaben zivilrechtlicher Art inne.) Im übrigen gibt es Hinweise, dass es sich tatsächlich um eine geplante Verbindung dieser beiden Güter durch Eheschließung gehandelt hat. Auch das traurige Ende der Geschichte ist überliefert. Es gab keine Hochzeit und also wurde die Braut durch die verhinderte Eheschließung auch nicht Herrin auf Fikensholt. Ein „Schloss“ hat es damals noch nicht gegeben in Fikensholt und auch heute ist das später errichtete Gebäude eher ein „Schlösschen“, aber sehr hübsch.
Die Bezeichnung „Fikensholt“ steht vermutlich für ein Gehölz (holt = Holz), in welchem ehedem eine „Wicka“, eine weise Frau (später wurden diese Frauen zu „Hexen“ verunglimpft), gelebt hat. Dieser Ortsteil von Westerstede im Ammerland schreibt sich heute „Fikensolt“.Die Braut von Fikensholt
Auf seinem Schlosse Fikensholt– im Ammerlande wohl bekannt –
da lebte einst ein Hagestolz,
der „Junker Johann“ wurd‘ genannt. Er war schon über 50 Jahr‘
und hatte noch kein Weib gefreit,
das liebevoll stets bei ihm war
und Freud und Leid mit ihm geteilt. Doch wollt‘ der Junker nicht allein
sein Leben auf dem Schlosse enden,
denn auch sein Herz war nicht von Stein,
er sehnte sich nach zarten Händen. Auch wußt‘ er um des Weibchens Segen,
wenn aufmerksam zur Seit‘ es stand.
Drum wollte er nicht länger leben
als einsam-alter Mann von Rang. Doch schwer zu finden war die Maid, die seinen Wünschen ganz entsprach,
denn er wollt‘ ein kluges Weib,
das auch durch Schönheit noch bestach. Nicht zu groß und nicht zu klein.
Nicht zu jung – das lag ihm nicht.
Mittellos? Zum Teufel, nein!
Herrschsüchtig? Das jüngst‘ Gericht! Auch Liebe sollte ihn verbinden
mit der Frau, die er verehrte.
Wo aber sollte er sie finden,
deren Hand er so begehrte? Die Zeit verrann, es reift‘ der Wein,
da sah er doch das Glücke winken.
Es war des Schultzen Töchterlein
– gebürtig von Gut Holtzenklinken. Der Junker war ein Kavalier.
Er legte ihr sein Herz zu Füßen
und schickte manch Geschenke ihr,
um so das Jawort zu versüßen. Die Jungfer, die er auserwählt,
war nicht sehr jung, doch klug und schön
und wahrlich seiner Mühen wert –
ganz von der Mitgift abgeseh‘n. Und als der Tag herangerückt,
der das Glück vollenden sollt‘,
da fuhr die Braut gar schön geschmückt
von Falkenhorst nach Fikensholt. Regentropfen fielen sacht
in den Kranz auf ihrem Haar,
und sie hat sich bang gefragt,
wo der Bräutigam wohl war. Warum nur war er nicht gekommen,
sie zu führen in sein Haus?
Jetzt, wo er das Spiel gewonnen,
war‘ s mit seiner Liebe aus? Auf dem Bock die Peitsche knallte,
der Schwager trieb die Pferde an,
durch das Tor der Wagen rollte.
Wo nur blieb der Bräutigam? Sie sah die Hochzeitsgäste steh’n
und am Portal ein schwarzes Band. Mein Herr! Mein Gott! Was ist gescheh‘n? – Man blickte stumm die Jungfer an. – Perlen bracht‘ ein Mohrenknabe,
reichte still ihr diese Gabe: „Das Glück, du find‘st es nimmer mehr,
denn gegangen ist mein Herr…“ Aufgebahrt im prächt’gen Saal liegt der Jungfer ganzes Glück.
Zerronnen alle Seligkeit… die Lieb‘ verweht im Sturm der Zeit. Allein mit ihres Herzens Qual kehrt einsam sie nach Haus zurück. –
Bei Gott, welch tragisches Geschick: beim Mahle war ihr Hans erstickt. Gunda v. Dehn
Hinweis: Roman Chroniken der tom Brook
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